Wiesbaden/Berlin. Die Nachrichten von schwer betrunkenen Kindern reißen nicht ab. In Kaiserslautern wurde Anfang Dezember eine 13-Jährige mit einem Alkoholwert von 2,4 Promille ins Krankenhaus eingeliefert, in Berlin stifteten Jugendliche einen erst Siebenjährigen zum Trinken an, er landete mit mehr als zwei Promille in der Notaufnahme. Und Mitte November drohten mehrere junge Leute einem 15-Jährigen im baden-württembergischen Filderstadt mit Schlägen, wenn er nicht eine Flasche Wodka leer trinke. Der Trend zum Komasaufen, aber auch zum zwanghaften Alkoholkonsum steigt, das belegen auch die neuen Zahlen des Statistischen Bundesamts. Danach wurden 2008 25 700 Jungen und Mädchen mit Alkoholvergiftungen ins Krankenhaus aufgenommen. Ein Patentrezept gegen den Trend hat bisher niemand gefunden.

"Noch nie betrank sich eine so große Zahl von Kindern und Jugendlichen derart hemmungslos", sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans (FDP), und sprach von einem traurigen Rekord. "Gegen das Rauschtrinken dieser ständig wachsenden Gruppe von Kindern und Jugendlichen muss mehr getan werden."

In Deutschland leben derzeit rund 3,95 Millionen Kinder im Alter von 10 bis 14 Jahren und 4,6 Millionen Jugendliche und junge Erwachsene (15 bis 20 Jahre). Die Zahl der sturzbetrunkenen Mädchen stieg im Jahresvergleich in allen Altersgruppen stärker als die der Jungen. Von den Jugendlichen und jungen Erwachsenen (15 bis 20 Jahre), die nach akutem Alkoholmissbrauch ins Krankenhaus gebracht wurden, waren zwar noch fast zwei Drittel männlich, der Anteil der Mädchen und jungen Frauen stieg aber stärker. Bei den Kindern, die Alkohol bis zum Umfallen tranken, waren die Mädchen mit 53 Prozent sogar in der Mehrheit, obwohl ihr Anteil an der Bevölkerung nur 49 Prozent beträgt. Außerdem stieg der Anteil der kindlichen Patientinnen mit 22 Prozent stärker als der der gleichaltrigen Jungen.

Dyckmans nannte die Zahl von 4500 volltrunkenen Kindern, die stationär behandelt werden mussten, besonders besorgniserregend. In dieser Gruppe sei die Zahl der Alkoholvergiftungen um 19 Prozent gestiegen. Eine besonders erschreckende Entwicklung sei der Anstieg der Alkoholvergiftungen bei den 10- bis 15-jährigen Mädchen.

Eine Ausweiskontrolle bis zum geschätzten Alter von 25 Jahren müsse beim Kauf von Alkohol an allen Verkaufsstellen selbstverständlich werden, verlangte die Drogenbeauftragte. "Viele Tankstellen praktizieren dies seit einiger Zeit erfolgreich. Ich werde diesen Vorschlag in Kürze mit dem Hauptverband des deutschen Einzelhandels diskutieren." Die Alkoholprävention in den Schulen müsse zudem weiter gefördert werden. Auch das familiäre Umfeld und ganz besonders die Eltern müssten verstärkt in die Alkoholprävention einbezogen werden.