Hamburg. Er hätte gern selbst im Reigen der mehr als 100 Staats- und Regierungschefs in Kopenhagen die Belange Italiens vertreten. Doch Silvio Berlusconi ist nach der Attacke eines offenbar geistig verwirrten Mannes noch krankgeschrieben. Auf ärztlichen Rat hin soll Berlusconi seine öffentlichen Auftritte in den nächsten zwei Wochen deutlich reduzieren oder absagen.

Erst gestern konnte er die Klinik verlassen - sichtlich gezeichnet mit einem dicken Pflasterverband quer über sein verletztes Gesicht. Eine Sache, die ihm am Herzen lag, hatte der 73-Jährige aber noch vom Krankenbett geregelt: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) soll beim Klimagipfel auch die Interessen des italienischen Regierungschefs vertreten - zumindest, was Gespräche der Europäer am Rande der Mammutkonferenz angeht. Das sei der Wunsch des 73-Jährigen gewesen, hieß es gestern aus der italienischen Delegation. Merkel, so hieß es weiter, habe die Bitte Berlusconis nicht ausgeschlagen.

Bevor die Kanzlerin an Tag zehn der Konferenz in die dänische Hauptstadt abreiste und direkt in die Verhandlungen für Deutschland - und Italien - einstieg, verband der Leiter des Uno-Klimasekretariats, Yvo De Boer, große Hoffnungen mit der Mitwirkung Merkels am Gipfel. Sie sei "wirklich eine Klima-Kämpferin". Ihre Anwesenheit in Kopenhagen könne "sehr nützlich" sein. Nach Kopenhagen kam Merkel also als Hoffnungsträgerin.

Am Morgen im Bundestag warnte sie in einer Regierungserklärung vor einem Scheitern der Konferenz und forderte eine Verpflichtung zur Begrenzung des weltweiten Temperaturanstiegs. "Wir brauchen eine für alle Staaten geltende Verpflichtung zur Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels", sagte Merkel in ihrer Rede und gab zu, dass sie verunsichert sei. "In dieser Stunde weiß ich nicht, ob das gelingt. Ich werde aber alles versuchen, zusammen mit unserem Umweltminister, dass es gelingt." Sollte keine Verpflichtung aller Staaten erreicht werden, den Temperaturanstieg auf zwei Grad zu begrenzen, wäre die Konferenz "gescheitert".

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel forderte Merkel unterdessen auf, die Finanzzusagen für ärmere Länder zu erhöhen, damit diese in Klimaschutzmaßnahmen investieren könnten. Die Bundesregierung wolle diese Klimahilfe mit bereits versprochenen Entwicklungsgeldern verrechnen - "das geht nicht", sagte der frühere Umweltminister der Berliner "Tageszeitung". Es sei das "bisher größte Versagen der neuen Bundesregierung" in der Klimapolitik.

EU-Industriekommissar Günter Verheugen warnte zugleich in der "Rheinischen Post": "Die EU darf nicht durch ihre Vorreiterrolle beim Klimaschutz die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zerstören und sie zwingen, in andere Teile der Welt auszuwandern." Dann litten die Europäer unter Jobabbau, ohne dass die Umwelt gewinne.