Hamburg. In der Affäre um den Luftangriff auf zwei Tanklastzüge in Afghanistan hat die Opposition den Druck auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verstärkt. "Kanzlerin Merkel muss dem Parlament und der Öffentlichkeit die ganze Wahrheit über den Luftschlag in Afghanistan sagen", sagte der SPD-Vizevorsitzende Olaf Scholz dem Abendblatt. Es sei merkwürdig, dass sich die Bundesregierung "hinter dem Untersuchungsausschuss versteckt", kritisierte er. Die Regierung könne selbst Aufklärung betreiben und müsse "schnell reinen Tisch machen". Bei dem Luftschlag, den der deutsche Oberst Georg Klein angeordnet hatte, waren am 4. September bis zu 142 Menschen getötet oder verletzt worden, darunter viele Zivilisten.

Dem neuen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) legte Scholz den Rücktritt nahe. "Guttenbergs Vorgänger Franz Josef Jung ist zurückgetreten. Der Verteidigungsminister sollte die Maßstäbe, die er richtig fand in Bezug auf andere, auch an sich selber anlegen", sagte der Hamburger SPD-Chef. Guttenberg habe für die Entscheidung, Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Verteidigungsstaatssekretär Peter Wichert zu entlassen, "keine guten Gründe" gehabt. "Das wirkt wie aus einem schlechten Theaterstück, in dem der König nach Opfern sucht für seine eigenen Taten."

Scholz warf Guttenberg auch Täuschung des Bundestags vor. Der Verteidigungsminister habe Schneiderhan und Wichert mit der Begründung entlassen, er sei nicht umfassend über den Luftangriff informiert worden. "Damit führt er das Parlament und die Öffentlichkeit in die Irre", so der SPD-Fraktionsvize. Der Bericht, der dem Verteidigungsminister zugänglich war, als er den Luftschlag militärisch angemessen nannte, "enthielt bereits alle Informationen, die ihn jetzt zum gegenteiligen Schluss kommen lassen". Guttenberg habe für seinen Meinungswechsel "keine neuen Tatsachen mitgeteilt".

Scholz äußerte sich skeptisch über eine mögliche Aufstockung des deutschen Kontingents. Dafür müsse es gute Gründe geben. Die SPD werde Vorschläge der Bundesregierung sorgfältig prüfen. "Es geht darum, die afghanischen Sicherheitskräfte in die Lage zu versetzen, ihr Land selbst zu verteidigen", sagte er. "Diese Aufgabe mit einer Erhöhung des Kontingents zu verbinden, halte ich nicht ohne weiteres für zwingend."