Die FDP fordert unbegrenzte Hinzuverdienst-Möglichkeiten. Der DGB spricht von einem Besserverdiener-Modell.

Berlin. Die FDP will die Ende 2009 auslaufende Altersteilzeitregelung nicht verlängern und setzt sich stattdessen für eine Rente mit 60 ein. Das neue Angebot solle Arbeitnehmern ab 60 Jahren die Möglichkeit zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Berufsleben geben, sagte der FDP-Vizefraktionschef Heinrich Kolb der "Bild"-Zeitung. Jeder Arbeitnehmer solle sich für eine Teil- oder Vollrente entscheiden können. Zugleich müssten die Hinzuverdienstgrenzen für Rentner fallen.

CDU und CSU lehnten den FDP-Vorstoß ab. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte dem Abendblatt: "Es kann nicht sein, dass die FDP jetzt anfängt, den Koalitionsvertrag nachzuverhandeln. Die Rente ab 60 wäre ein fataler Irrweg, weil sie massive Kosten verursacht und die Beiträge deshalb für alle spürbar steigen müssten." Die Union wolle keinen "Verschiebebahnhof auf Kosten der Allgemeinheit", so Dobrindt weiter: "Statt die Menschen mit ständig neuen unausgegorenen Rentendiskussionen zu verunsichern, sollten wir gemeinsam die Rahmenbedingungen verbessern, damit ältere Menschen bessere Jobmöglichkeiten haben."

Der CDU-Rentenexperte Peter Weiß kritisierte in der "Rheinischen Post": "Bei diesem Modell würden die Abschläge zur Rente so hoch sein, dass sich dies ein normaler Arbeitnehmer nicht leisten kann." Weiß nannte es "müßig, jeden Tag einen Teil aus dem Wahlprogramm als öffentliche Forderung zu formulieren". Im Übrigen wäre das FDP-Modell "nur für wenige Gutverdiener attraktiv".

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt bezeichnete den Vorstoß ebenfalls als falsch: "Wegen des demografischen Wandels ist die Verlängerung der Lebensarbeitszeit unerlässlich. Die heutige Rechtslage mit der moderaten Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre über einen langen Zeitraum reicht aus, um einen flexiblen Übergang in den Ruhestand zu ermöglichen."

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sprach dem Abendblatt gegenüber von einem "Besserverdiener-Modell, das sich nur Menschen leisten können, die immer Spitzengehälter bezogen haben und über dicke Sparpolster verfügen". Ein "Kombi-Rentner", der "sich mit Mini-Rente plus Mini-Jobs" über Wasser halte, könne von verantwortungsvollen Politikern aber nicht ernsthaft gewünscht sein. Buntenbach fügte hinzu: "Das ist nicht meine Vorstellung davon, wie man den Lebensabend gestaltet."

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Klaus Ernst, kritisierte die FDP mit den Worten, mit ihrer Idee verdonnerten die Liberalen "Millionen von Rentnern zum Tütenpacken beim Discounter".

Altersteilzeit beantragen können Arbeitnehmer, die das 55. Lebensjahr vollendet und in den vergangenen fünf Jahren mindestens drei Jahre in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden haben. Dabei wird nach einer freiwilligen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber die bisherige Arbeitszeit halbiert. Mögliche Modelle sind Halbtagsbeschäftigung, Arbeit und Freistellung im täglichen, wöchentlichen oder monatlichen Wechsel. Lohnzuschüsse von der Bundesagentur für Arbeit werden allerdings nur dann gewährt, wenn der durch die Altersteilzeit freigewordene Arbeitsplatz wiederbesetzt wird.