Vor zwei Jahren die Pendlerpauschale und jetzt sogar der Solidaritätszuschlag: Das niedersächsische Finanzgericht hat bereits zum zweiten Mal dem Bundesgesetzgeber Knüppel zwischen die Beine geworfen mit der Feststellung, ein Gesetz sei verfassungswidrig.

Aber es gilt fein zu unterscheiden. Im Falle der Pendlerpauschale ging es um die Frage der Steuergerechtigkeit. Das Bundesverfassungsgericht schloss sich damals den Bedenken der Richter aus Hannover an, weil Millionen von Berufspendlern benachteiligt worden waren.

Gemessen daran geht es im Falle des Solidaritätszuschlags erst einmal nur um eine Formalie. Erhoben wird er als Ergänzungsabgabe. So suggerierte der Gesetzgeber feige auch dann noch eine zeitliche Befristung, als längst klar war, dass der Aufbau Ost dauern wird. Das Gericht in Hannover nennt dies verfassungswidrig, weil Ergänzungsabgaben nur für "Bedarfsspitzen" möglich sind. Schließt sich Karlsruhe dem an, wird der Gesetzgeber gezwungen, Farbe zu bekennen, wie ernst er die Solidarität mit den neuen Ländern nimmt. Die aufgeregten Reaktionen vieler ostdeutscher Politiker aber sind übertrieben: Zur Diskussion steht nicht der bis 2019 vereinbarte Solidarpakt, sondern nur die Form der Finanzierung. Aber vielleicht ist die Aufgeregtheit der Angst geschuldet, eine öffentliche Verhandlung in Karlsruhe könnte auch eine öffentliche Diskussion über Korrekturen am Solidarpakt anheizen.

Aber es geht um mehr: Angesichts der massiven Wirtschaftskrise und der wegbrechenden Steuereinnahmen ist eine Diskussion über Verteilungsgerechtigkeit überfällig. Sie darf sich nur nicht verengen auf Ost gegen West. Es geht um dauerhafte Entlastung aller Steuerzahler, um politischen Mut bei Einsparungen. Die Richter in Hannover haben klargemacht: Weiter mogeln geht nicht.