Gabriels Auftritt wird sicher in die Annalen des Deutschen Arbeitgeberbundes eingehen. Viel Beifall hat er dafür nicht erhalten.

Berlin. Einmal Lehrer, immer Lehrer. Jedenfalls hat sogar der neue SPD-Vorsitzende mitunter noch pädagogische Anwandlungen. Als Gastredner zum Deutschen Arbeitgebertag eingeladen, konnte es der ehemalige Berufsschullehrer Sigmar Gabriel gestern Mittag nicht lassen, die Industriellen mit einem Zitat zu konfrontieren, in dem es um den "so oft geübten Widerstand der Arbeitgeber gegenüber Lohnerhöhungen" ging. "Sie können jetzt mal überlegen, von wem es stammt", rief Gabriel den Wirtschaftsleuten angriffslustig zu. Und: "Es ist nicht von DGB-Chef Michael Sommer!" Tatsächlich war es dann ein Satz von Ludwig Erhard.

Als Gabriel das triumphierend verkündete, hätte man im feinen Maritim-Hotel eine Stecknadel fallen hören können. Aber Arbeitgeberchef Dieter Hundt und all die anderen trauten ihren Ohren ja ohnehin nicht mehr, seit Gabriel ans Mikrofon getreten war. Denn der hatte sich nicht lange mit freundlichen Vorreden aufgehalten, sondern "ein Kontrastprogramm" zum Auftritt der Bundeskanzlerin angekündigt. Nach dem Motto: Dass es in der Wirtschaftskrise nicht schlimmer gekommen sei, verdanke Deutschland den Gewerkschaften und der rot-grünen Koalition. Immerhin hatte Gabriel an diesem Punkt bereits die volle Aufmerksamkeit des Plenums. Das staunte dann auch nicht schlecht, als der SPD-Vorsitzende der Bundeskanzlerin einen "Pakt der wirtschaftlichen Vernunft" anbot. Vorausgesetzt, man habe dabei die "soziale Sicherheit" und die "ökologische Vernunft" im Auge. Am Ende schlug Gabriel den verblüfften Arbeitgebern sogar noch vor, gemeinsam mit der SPD weiter an Frank-Walter Steinmeiers "Deutschlandplan" zu arbeiten. Schließlich sei man durch die Krise an einen Punkt gelangt, an dem es nicht mehr um alte Glaubenssätze gehen könne ...

Unabhängig davon, dass nur die wenigsten die Rede des neuen SPD-Parteivorsitzenden am Ende als "erfrischend unkonventionell" bewerteten und die meisten sie eher "etwas unverschämt" fanden, wird dieser Auftritt sicher in die Annalen des Deutschen Arbeitgeberbundes eingehen. Viel Beifall hat Gabriel dafür nicht erhalten. Ganz im Gegensatz zu Angela Merkel, die ein ansehnliches Weihnachtsgeschenk dabeihatte: die Ankündigung, dass ihre Regierung vorhabe, die Kurzarbeitsregelung um ein volles Jahr bis Ende 2010 zu verlängern. Merkel schloss sich zudem dem Vorschlag von Sozialminister Franz Josef Jung an, die Dauer der Zuschüsse auf maximal 18 Monate zu verkürzen. Derzeit sind es bis zu 24 Monate.

Die Kanzlerin versuchte jedoch zugleich, die Erwartungen der Industrie zu dämpfen. Vom Vorschlag des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, die Arbeitszeit in der Branche mit staatlicher Unterstützung zeitweilig auf 26 Stunden zu verkürzen, halte sie wenig. Merkel sagte: "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in Dauersubventionen reinrutschen, aus denen wir nie wieder rauskommen."

Es war der erste direkte Vergleich zwischen der CDU-Vorsitzenden und dem neuen SPD-Chef. Und während Sigmar Gabriel offenbar fest entschlossen gewesen ist, Deutschlands Arbeitgebern zu demonstrieren, dass die Sozialdemokraten derzeit nicht zur Verbrüderung neigen, hat Angela Merkel gestern einfach ein politisches Heimspiel genossen.