London. Die Frau, die zur allgemeinen Überraschung, nicht zuletzt in Großbritannien, der Hohe Repräsentant für die EU-Außenpolitik geworden ist, könnte alle Verwunderten bald eines Besseren belehren. Sie hat den verbindlichen Umgang eines Menschen, der weiß, was er will und wie er es erreicht. Daher machte Gordon Brown die 1999 in den Adelsstand erhobene Baronin Catherine Ashton of Upholland schon gleich nach seinem Antritt als Premier im Sommer 2007 zum "Leader", zur Geschäftsführerin im Oberhaus.

Erfolgreich spielte sie ihr Verhandlungsgeschick aus. Während vor einem Jahr um den Lissabon-Vertrag im Unterhaus hart gefochten wurde, brachte sie im House of Lords eine satte Mehrheit für den Vertrag zustande. Ähnlich effizient focht sie bereits vor drei Jahren in der Kontroverse um die britischen Universitätsgebühren. Während Tony Blair damals im House of Commons nur knapp an einer Abstimmungsniederlage vorbeikam, brachte Cathy Ashton eine Mehrheit von über 100 Stimmen für die Regierungsvorlage zustande. Denis MacShane, Blairs ehemaliger Europaminister, meinte gestern: "Wer die Lords einzutreiben versteht, wird mit EU-Außenministern keine Probleme haben."

Dass Baronin Ashton weitgehend unbemerkt die Etappen ihrer Laufbahn durchmaß, geht auf einen in britischen politischen Karrieren ungewöhnlichen Umstand zurück: Sie ist nie in irgendeines ihrer Ämter gewählt worden, hat nie eine Wahlkampagne absolvieren, nie die Werbetrommel für sich rühren müssen - sie wurde immer nur kraft ihrer Begabung ernannt und befördert. Ausschlaggebend für ihre Erhebung zum Hohen Repräsentanten der EU-Außenpolitik war die Achtung, die sie in den 14 Monaten als Handelskommissarin intern erworben hatte, das hohe Maß an Vertrauen, das sie zu stiften wusste.

Die 1956 geborene Mutter von zwei Kindern war nach einem Soziologiestudium schon früh zu den New-Labour-Reformern gestoßen. Bis 1989 war sie sechs Jahre Chefin einer "Business in the Community" genannten Institution, welche die soziale Verantwortung des Unternehmertums zu wecken versuchte. Von 1998 bis 2001 leitete sie in der Grafschaft Hertfordshire die Gesundheitsbehörde, ehe sie ab 2001 als Unterstaatssekretärin in die Regierung eintrat, in wechselnden Ressorts wie Erziehung, Verfassungsfragen und Justiz. Wichtig wurde 2007 ihre Berufung in den Privy Council, jenes Gremium, das die Königin berät. Man wusste, was man an Lady Ashton hatte, an ihrer Diskretion und unanstößigen Effizienz.

Nur die britischen Medien wussten es nicht, auch nicht, als sie 2008 für den nach London zurückgerufenen Peter Mandelson dessen Amt als EU-Handelskommissar übernahm. So blieben ihre EU-Leistungen so gut wie unberichtet, etwa ihr entschiedenes Eintreten für die Offenhaltung der Märkte auch in Zeiten globaler Rezession, ob in Verhandlungen mit China oder mit den USA.