Der Linken-Chef will erst nach dem Krankenhausaufenthalt über seine weitere politische Karriere entscheiden.

Berlin. Das politische Deutschland hält eine Sekunde inne: Der Linken-Vorsitzende und frühere SPD-Chef Oskar Lafontaine hat Krebs. Das teilte Lafontaine selbst in Berlin mit. „Ich werde mich am Donnerstag zu einem seit längerem geplanten chirurgischen Eingriff in eine Klinik begeben. Es handelt sich um eine Krebserkrankung“, sagte der 66-Jährige. Damit beendete er eine teils heimliche, teils offene Diskussion um Gerüchte, die das Privatleben des früheren Bundesfinanzministers und Ministerpräsidenten betrafen.

Der „Spiegel“ hatte von einer angeblichen Affäre Lafontaines mit der Kommunistin Sahra Wagenknecht berichtet. Nur deshalb habe er sich so plötzlich vom Vorsitz der Bundestagsfraktion zurückgezogen. In Lafontaines Erklärung hieß es jetzt: „Nach überstandener Operation werde ich zu Beginn des neuen Jahres unter Berücksichtigung meines Gesundheitszustandes und der ärztlichen Prognosen darüber entscheiden, in welcher Form ich meine politische Arbeit weiterführe“, hieß es weiter. Lafontaine war nach der Bundestagswahl überraschend vom Fraktionsvorsitz seiner Partei zurückgetreten und hatte damit Spekulationen ausgelöst.

PORTRÄT: Ein charismatischer Politiker

Lafontaine hatte den Vorwurf der Wählertäuschung scharf zurückgewiesen. Er sei noch immer Parteivorsitzender und Bundestagsabgeordneter, sagte er der „Saarbrücker Zeitung“. Allerdings fühle er sich auch den Wählern im Saarland verpflichtet.

Saarlands Linksparteichef Rolf Linsler geht davon aus, dass Lafontaine trotz der Operation an diesem Mittwoch im Landtag zur ersten Regierungserklärung der neuen schwarz-gelb-grünen Landesregierung sprechen wird. „Ich habe nichts anderes gehört“, sagte Linsler der Deutschen Presse-Agentur dpa. Er rechne zudem damit, dass Lafontaine nicht allzu lange im Krankenhaus bleiben müsse. Die Erkrankung sei rechtzeitig erkannt worden und der Eingriff seit längerem geplant, sagte Linsler.

Es ist nicht der erste Schicksalsschlag für Lafontaine. 1990 wurde er während des Wahlkampfs als Kanzlerkandidat gegen Helmut Kohl Opfer eines Messer-Attentats. Eine geistesgestörte Frau stach ihn in den Hals und verletzte ihn lebensgefährlich. Die Attacke erschütterte Lafontaine nachhaltig. „Ich habe dieses Trauma, dass ich plötzlich völlig aus der Bahn geworfen wurde“, sagte er noch Jahre später.

1980 führte Lafontaine die Saar-SPD erstmals zur stärksten Kraft im Landtag, fünf Jahre später wurde er Ministerpräsident. Dem SPD-Präsidium gehörte Lafontaine seit 1979 an. Seine Kandidatur bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl 1990 scheiterte jedoch – unabhängig von dem Attentat. Lafontaine fuhr mit 33,5 Prozent das schlechteste SPD-Ergebnis seit 1957 ein. Mit Macht meldete er sich im November 1995 auf dem Mannheimer Parteitag zurück. Er löste nach einer Kampfabstimmung Rudolf Scharping als SPD-Chef ab. 1998 überließ er aber Gerhard Schröder die Kanzlerkandidatur und trat nach gewonnener Wahl als Bundesfinanzminister in dessen rot-grünes Kabinett ein.

Schon wenige Monate später folgte das Zerwürfnis mit dem Regierungschef, zu unterschiedlich waren die Auffassungen über die Wirtschaftspolitik. Nach dem Rücktritt 1999 galt Lafontaine als abgeschrieben. Kurz vor der vorgezogenen Bundestagswahl 2005 trat er aus der SPD aus und führte in einem Kraftakt die Wahlalternative WASG mit der PDS zusammen. Beide kamen auf über acht Prozent, zogen in den Bundestag ein und wählten Lafontaine zu einem ihrer beiden Fraktionschefs. Nach der Fusion beider Parteien wurde er auch einer von zwei Bundesvorsitzenden.

Bei der Landtagswahl 2009 trat er im Saarland für die Linke als Ministerpräsidenten-Kandidat an. Die Partei erzielte sensationelle 21,3 Prozent, aber für den Posten des Regierungschefs oder auch nur eine Regierungsbeteiligung reichte es trotzdem nicht.