Als heute vor 20 Jahren die Menschen morgens wach wurden, hatten die Züge an der innerdeutschen Grenze noch gut eine Stunde Aufenthalt. Grimmige Grenzsoldaten mit Diensthund und Kalaschnikow bewaffnet und eifrige Zöllner kontrollierten ausgiebig Fahrgäste, Papiere und Gepäck.

Als heute vor 20 Jahren die Menschen morgens wach wurden, hatten die Züge an der innerdeutschen Grenze noch gut eine Stunde Aufenthalt. Grimmige Grenzsoldaten mit Diensthund und Kalaschnikow bewaffnet und eifrige Zöllner kontrollierten ausgiebig Fahrgäste, Papiere und Gepäck. An den Straßenübergängen wurden Autos auseinandergenommen und Lkw durchleuchtet. An den 1400 Kilometern Mauer und Stacheldraht zwischen den wenigen Übergängen gab es gar kein Durchkommen. Allenfalls unter Lebensgefahr.

Als der Tag zu Ende ging, war alles anders. Die Mauer hatte nicht nur Risse, sondern Löcher bekommen. Von diesem Moment an war die Einheit nicht mehr aufzuhalten. Von diesem Tag an war auch ein grundlegender Wandel in der Welt nicht mehr zu bremsen, den wir heute knapp als Globalisierung bezeichnen. Es war der Beginn eines Prozesses und nicht die Lösung aller Probleme, wie es viele vielleicht im Glücksrausch des Augenblicks erhofft hatten. Dieser Wandel hat nicht nur Millionen Menschen Freiheit und neue Chancen gebracht. Alle großen Veränderungen bringen auch Schwierigkeiten mit sich und Verlierer hervor. Alte Eliten verloren ihre Macht, viele ihre Arbeit.

Nur haben all die Veränderungen auch bewirkt, dass wir heute nicht mehr darüber diskutieren müssen, ob die Sowjetarmee bei Fulda durchbricht, die USA mit Atomraketen gegenhalten und Deutschland zum zentralen Schlachtfeld wird. Redefreiheit und Demokratie wünschen und unterstützen wir heute in Pjöngjang, Peking und Teheran und nicht mehr in Ostberlin, Leipzig oder Dresden.

Der Alltag hält längst andere Probleme von Arbeitslosigkeit bis Abgabenlast bereit. Aber wenigstens an Tagen wie heute muss Zeit zum Innehalten, Erinnern und Freuen sein.