Berlins Regierender Bürgermeister hat Chancen, Kanzlerkandidat der SPD 2013 zu werden - doch seine Umfragewerte sind miserabel.

Berlin. An guten Tagen kann Klaus Wowereit äußerst charmant sein. Dann gibt ihm der Berliner Tonfall etwas Weltläufiges, dann erliegt man den jungenhaften Glucksern, die sein Lachen unverkennbar machen. An schlechten Tagen wirkt Klaus Wowereit genervt, gereizt oder gelangweilt. Kein Wunder. Seit acht Jahren regiert der 56-Jährige gemeinsam mit der Linkspartei eine Stadt, die er selbst einmal "arm, aber sexy" genannt hat. Seit acht Jahren muss er in der Hauptstadt die zweite Geige spielen, zurückgesetzt von Kanzlern und Bundesministern - gerade einmal gut genug dafür, die internationalen Gäste kurz zum Eintrag ins Goldene Buch der Stadt zu empfangen. Wenn es denen denn zeitlich gerade passt.

Klaus Wowereit mangelt es nicht am Willen zur Macht. Das zeigte sich wieder am Tag nach der Bundestagswahl, die für die Sozialdemkraten zum Desaster wurde. An jenem 28. September saßen vier Genossen im Berliner Willy-Brandt-Haus zusammen und teilten die SPD unter sich auf: der Niedersachse Sigmar Gabriel, der wenig später der designierte Parteivorsitzende war, die Rheinland-Pfälzerin Andrea Nahles, die jetzt Generalsekretärin der Partei werden soll, der Hamburger Olaf Scholz, der auf dem Parteitag Mitte November zum stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt werden soll. Und Klaus Wowereit, den die anderen drei zu brauchen glauben. Wenn nicht jetzt, dann doch spätestens 2013.

Dann könnte der Berliner, denken sie, der geeignete Mann sein. Wenn es darum geht, auf Bundesebene eine Koalition mit der Linkspartei einzufädeln. Es sagt viel über den Zustand der Sozialdemokratie, wenn sie einen als möglichen Kanzlerkandidaten handelt, der seinen eigenen Landesverband gerade auf 20 Prozent heruntergemendelt hat, wie eine Umfrage des Forsa-Instituts im Auftrag der "Berliner Morgenpost" bestätigt. Und der zudem auf der Beliebtheitsskala noch hinter den von der Linkspartei gestellten Wirtschaftssenator zurückgefallen ist.

Parteiintern ist man alarmiert. Denn natürlich wird Wowereit für die Lage verantwortlich gemacht. Der Mann, dem man die Lustlosigkeit zuweilen ansehen kann. Der keine Visionen für seine Stadt entwickelt und nur den Mangel in seiner dramatisch verschuldeten Stadt verwaltet. Die Berliner SPD müsse "höllisch aufpassen", dass sie die Probleme der Stadt "wahrnehmbarer als bisher" löse, sagt der frühere Fraktionssprecher Peter Stadtmüller. Der in der Umfrage aufgedeckte Vertrauensverlust sei keineswegs allein das Ergebnis des Bundestrends. Stadtmüller rät dem Regierenden, in der Stadt Präsenz zu zeigen: "Die Hauptstadt ist seine Bühne. Er hat alle Chancen, Platz eins zurückzuerobern - aber bitte mit Butter bei die Fische!"

Klaus Wowereit soll in zehn Tagen in Dresden zu einem der Stellvertreter des neuen Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel aufsteigen. Der Berliner Landesverband reklamiert für Wowereit schon länger eine führende Rolle in der Bundespolitik. Wowereit gehöre zu den Politikern, "die in der ersten Liga mitspielen", meinte der Landesvorsitzende Michael Müller. Wer zu Hause eine "starke Basis" habe, könne die SPD in den Bundestagswahlkampf 2013 führen.

In Berlin holte die SPD bei der Bundestagswahl gerade 20,2 Prozent - gleichauf mit der Linkspartei und 2,6 Punkte hinter der CDU. Die Umfrage setzt den Negativtrend fort. Wowereits Basis schrumpft.