Was die FDP bereits absolviert hat, steht den Unionsparteien heute bevor: CDU und CSU haben kleine Parteitage anberaumt, bei denen die Delegierten dem Koalitionsvertrag ihren Segen geben sollen. Die CDU bittet um Punkt 12 Uhr rund 60 stimmberechtigte Mitglieder aus den Landesverbänden zum Bundesausschuss ins “Hotel Berlin“.

Berlin. Die CSU hat für 13 Uhr ins Auditorium des "Event-Forums" am Olympiapark geladen. Beide Veranstaltungen gelten parteiintern auch als Stimmungsbarometer für die Vorsitzenden.

Merkel will vor dem Beschluss über den Koalitionsvertrag eine Stunde lang zu Delegierten sprechen. Auch CSU-Chef Horst Seehofer präpariert sich minutiös für seinen Auftritt.

Mit quälenden Debatten oder gar hochkochender Kritik wird bei beiden Terminen nicht gerechnet. Schließlich verlief bereits die CDU/CSU-Fraktionssitzung am Sonnabend harmonisch. Die zwei Enthaltungen, die es bei der Abstimmung über den Koalitionsvertrag gab, drückten offenbar einen Protest dagegen aus, dass das Vertragswerk erst der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Die große Generaldebatte über Erreichtes und Nichterreichtes fand schon dort nicht statt. Spannend bleibt, wie stark die Parteivorsitzende den reformerischen Ansatz herausstreichen wird, den die Koalitionsvereinbarung in Teilbereichen durchaus hat - ob sie also, wenn man so will, einen Hauch von Leipzig 2003 durch die Hotelhalle wehen lässt und einen Neuanfang in Aussicht stellt.

Dass im Personalpoker vermeintlich zu kurz gekommene CDU-Landesverbände der Vorsitzenden bei der Abstimmung über den Vertrag einen Strich durch die Rechnung machen, gilt als ausgeschlossen, da das Kabinett- und Parteitableau diesbezüglich genau austariert wurde. Insbesondere der mächtige Landesverband Nordrhein-Westfalen dürfte anders als noch 2005 zufrieden sein, da er mit Ronald Pofalla (Kanzleramt), Norbert Röttgen (Umwelt) und Hermann Gröhe als neuem CDU-Generalsekretär stark an der Spitze vertreten ist. Aber auch die ähnlich einflussreichen Baden-Württemberger können sich entspannt zurücklehnen: Mit ihrem Spitzenmann Wolfgang Schäuble als Finanzminister stellen sie das wichtigste Kabinettsmitglied nach Kanzlerin und Außenminister, dazu den Fraktionschef Volker Kauder und Bildungsministerin Annette Schavan.

Gestärkt geht auch der zuletzt wegen des schwachen Wahlergebnisses in Bayern unter Beschuss geratene CSU-Vorsitzende Horst Seehofer in seinen Parteitag. Die errungenen drei Ministerien könnten sich sehen lassen, heißt es in München. Genugtuung gibt es auch, weil Seehofer den Beschluss zur Einführung des Betreuungsgelds durchgedrückt hat, das ab 2013 jene Frauen erhalten sollen, die ihr Kind nicht in einer Krippe abgeben. "Seehofer steht nach den Koalitionsverhandlungen auf jeden Fall besser da", heißt es deshalb auch bei jenen, die dem Machtpolitiker traditionell mit Skepsis begegnen. Und die Debatte über das 42-Prozent-Desaster bei der Wahl? Soll im November nachgeholt werden.