Er sprach von einem “Zukunftsentwurf für Thüringen“, sie von einem “guten Kompromiss“. Für den Thüringer SPD-Landeschef Christoph Matschie ist der gestern vorgestellte Koalitionsvertrag der größtmögliche Erfolg.

Hamburg/Erfurt. Vier der acht Ministerien konnte er aushandeln. Und mit Blick auf den für ihn entscheidenden Landesparteitag am kommenden Sonntag sagte er zuversichtlich, er erwarte eine "deutliche Mehrheit". Dem Vertrag könne mit gutem Gewissen zugestimmt werden. Für die designierte Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht bedeutet das Abkommen das Ende der zehnjährigen CDU-Alleinregierung.

"Es geht nicht um einen Schönheitspreis, sondern es geht um den besten Weg für Thüringen", kommentierte sie das Vertragswerk und fügte hinzu: "Bei dem, was die SPD bekommt, sind einige Herzensministerien dabei." Mit dem Umzug in die Staatskanzlei gibt sie sogar ihr Sozialministerium an die Sozialdemokraten ab.

Es waren noch so manche Zugeständnisse mehr, mit denen Lieberknecht den Weg für eine schwarz-rote Regierung in Thüringen geebnet hat. Neben Neuerungen, wie dem Angebot von Gemeinschaftsschulen bis zur achten Klasse, sollen auch einige von der CDU verabschiedete Gesetze zurückgenommen werden. So werden Bürgermeister-Stichwahlen wieder eingeführt und der Verwaltungskostenbeitrag für Studenten abgeschafft. Nicht durchsetzen konnte sich dagegen die SPD mit ihrer Forderung nach einer Verwaltungs- und Gebietsreform. Der SPD-Chef sieht sich auch intern auf der Siegerstraße. Denn nach und nach lenken die Gegner eines Regierungsbündnisses mit der CDU ein. "Ich denke, es sind insgesamt vertretbare Koalitionsvereinbarungen", sagte etwa der Oberbürgermeister von Gera, Norbert Vornehm. Gleichwohl bemängelte er, dass die Chance eines rot-rot-grünen Bündnisses vertan worden sei. Vornehm zählt neben dem Erfurter Oberbürgermeister Andreas Bausewein zu einer Reihe prominenter Kommunalpolitiker, die den Beschluss des SPD-Landesvorstandes für Koalitionsverhandlungen mit der CDU unter anderem über eine Unterschriftenaktion kippen wollten. Vornehm sagte, er erwarte auf dem Parteitag keine einfachen Diskussionen. Man sei sich aber einig, das Votum des Parteitages zu akzeptieren.

Leichter wird es die auch als Parteichefin nominierte Lieberknecht haben. In der CDU überwiege trotz kritischer Stimmen die Akzeptanz des Vertrags, sagte der amtierende CDU-Landesvorsitzende Andreas Trautvetter. "Es wird ein ordentliches Votum auf dem Parteitag am Sonntag geben." Für die CDU war das Bündnis mit der SPD die einzige Möglichkeit, noch an der Macht zu bleiben. Läuft alles nach Plan, wird Lieberknecht am 30. Oktober zur Regierungschefin gewählt.