Ein weiterer Schritt zum Koalitionsvertrag ist getan: Union und FDP sind sich am Abend bei allen wichtigen Fragen zur Sicherheit einig geworden.

Berlin. Die Unterhändler von Union und FDP sind sich in allen wichtigen Sicherheitsthemen einig. Das erklärten Vertreter beider Seiten am Donnerstag nach der Sitzung der Koalitionsarbeitsgruppe Sicherheit/Justiz in Berlin. Zuletzt hatten sich die künftigen Regierungspartner vor allem über Themen wie das BKA-Gesetz samt Online-Durchsuchungen, die Vorratsdatenspeicherung und die Internetsperren gegen Kinderpornografie gestritten.

Bei der Vorratsdatenspeicherung solle die Nutzung der Daten auf schwere Gefahrensituationen beschränkt werden, sagte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU). Bei den Internetsperren verständigten sich die Verhandlungspartner darauf, dass das Bundeskriminalamt (BKA) zunächst versuchen soll, kinderpornografische Seiten zu löschen statt zu sperren. Nach einem Jahr sollen die Erfahrungen mit der Löschung ausgewertet werden.

Für heimliche Online-Durchsuchungen von Computern Verdächtiger ist künftig eine Anordnung der Bundesanwaltschaft nötig. Zudem werden Online-Durchsuchungen nicht auf weitere Sicherheitsbehörden wie den Verfassungsschutz ausgeweitet.

Die Liberalen wollen zudem einen stärkeren Schutz von Berufsgeheimnissen von Anwälten, Ärzten und Journalisten und die Gleichstellung nichtehelicher Lebenspartnerschaften.

So ist der Status quo bei den übrigen Themen:

Arbeit und Soziales: Union und FDP wollen die Zuverdienstgrenzen für Hartz-IV-Empfänger erhöhen sowie das Schonvermögen für die Altersvorsorge von derzeit 250 Euro pro Lebensjahr auf 750 Euro verdreifachen. Außerdem sollen selbstgenutzte Immobilien ohne Einschränkungen vor dem Zugriff des Staates geschützt werden. Einen Mindestlohn wird es nicht geben, aber ein Verbot sittenwidriger Löhne, die ein Drittel unter dem Durchschnitt des branchenspezifischen Lohns liegen. Von der FDP geforderte Änderungen bei der Mitbestimmung und dem Kündigungsschutz lehnt Merkel ab.

Steuern und Finanzen: Beide Seiten wollen den Haushalt konsolidieren und gleichzeitig die Steuern senken – die Frage ist aber wie und in welcher Höhe. Die Antwort muss wohl in der großen Runde gefunden werden. Einig sind sich beide Seiten über Änderungen bei der Erbschaft- sowie der Unternehmensteuer. Die Kontrolle der Banken wird künftig bei der Bundesbank konzentriert.

Energie: Dass die Laufzeiten für sichere Atomkraftwerke verlängert werden sollen, darauf konnten sich Union und FDP bereits einigen. Die genaue Ausgestaltung hinsichtlich Jahreszahlen, der betroffenen Kraftwerke oder der Höhe der Abgabe aus den Zusatzgewinnen der Energiekonzerne sollten jedoch im Koalitionsvertrag noch nicht genannt werden.

Außenpolitik und Verteidigung: Beim Thema EU-Beitritt der Türkei haben sich Union und FDP darauf geeinigt, im Koalitionsvertrag die Formulierung aus dem Vertrag der großen Koalition zu übernehmen, wonach es eine ergebnisoffene Prüfung geben soll. Scheitert der Beitritt, soll der Türkei eine enge Partnerschaft angeboten werden. Ungeklärt sind die von der FDP geforderten Punkte Abschaffung der Wehrpflicht und Erweiterung der Zuständigkeiten des Außenministeriums um die Europapolitik und die Aufgaben des Entwicklungsministeriums. Hier muss die große Runde ans Werk.

Hintergrund: Arbeitswissenschaftler lobt Schwarz-Gelb



Gesundheit: Erfolgsmeldungen aus der Arbeitsgruppe sind bislang ausgeblieben. CDU, CSU und FDP streiten ausdauernd über die künftige Finanzierung des Gesundheitswesens. Die FDP würde den Gesundheitsfonds am liebsten abschaffen, die CSU fordert regionale Anpassungen. Zumindest haben sich beide dazu durchgerungen den gesetzlichen Krankenversicherungen eine Entlastung für Einnahmeausfälle infolge der Wirtschaftskrise in Aussicht zu stellen. Die Krise hinterlasse ihre Spuren im allgemeinen Wirtschaftsleben und durch wegfallende Arbeitsplätze auch bei den gesetzlichen Kassen, sagte die Unions-Chefunterhändlerin für Gesundheit, Ursula von der Leyen, am Donnerstag in Berlin. „Damit kann man die Versicherten nicht alleine lassen“, fügte die CDU-Politikerin vor Beginn einer weiteren Verhandlungsrunde der Fachpolitiker hinzu


Umwelt und Agrar: Die schwarz-gelbe Koalition will die Laufzeiten für sichere Atomkraftwerke verlängern und den Salzstock Gorleben weiter auf seine Tauglichkeit als Endlager für Atommüll erkunden. Ungeklärt ist aber beispielsweise, welche Standards ein Akw erfüllen soll oder welchen Teil ihrer Zusatzgewinne die Stromkonzerne für die Förderung erneuerbarer Energien abgeben müssen. In der Agrarpolitik ist geplant, den Milchbauern mit weiteren Hilfen aus EU-Geldern unter die Arme zu greifen.


Integration: Union und FDP wollen die im Ausland erworbene Qualifikation von Migranten künftig leichter in Deutschland anerkennen. Ein eigenes Integrationsministerium wird es nicht geben.


Das Kabinett: Fest steht: Angela Merkel bleibt Bundeskanzlerin und die FDP bekommt das Außenministerium. Alle weiteren Gedankenspiele über die Besetzung von Ministerien sind bislang unbestätigt. Union und FDP gaben vor Beginn der Verhandlungen die Parole aus: Erst Inhalte klären, dann das Personal. Daran haben sie sich streng gehalten.