Thilo Sarrazin ist sieben Jahre lang Senator in Berlin gewesen. Er hat sich in dieser Zeit nicht nur bemüht, die Finanzen der über beide Ohren verschuldeten Stadt zu ordnen, sondern er hat auch versucht, seine Kabinettskollegen aus ihrem Multikulti-Traum aufzuwecken.

Aus einem Traum, an dem nur noch die Sozialromantiker festhielten, die nicht in einem Stadtteil wie Neukölln leben mussten. Die die eingeschüchterten Importbräute nicht kommen sahen, die die eskalierende Gewalt an den Schulen nicht zur Kenntnis nehmen mussten und die sogar die furchtbaren "Ehrenmorde" tolerant mit der speziellen Herkunftsgeschichte der Täter entschuldigten.

Der SPD-Politiker Sarrazin war in Berlin lange ein einsamer Rufer in der Wüste. Er hat sich oft im Ton vergriffen, und bei seinen Versuchen, die "Politische Korrektheit" zu erschüttern, ist er mehrfach über das Ziel hinausgeschossen. Auch ist das, was er sarkastisch in die Welt hinausposaunte, selten konstruktiv gewesen. Das hat es der Multikulti-Fraktion so leicht gemacht, darüber hinwegzugehen.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit hat seinem ehemaligen Mitstreiter Sarrazin jetzt fast schon das Recht abgesprochen, weiterhin SPD-Mitglied zu sein. Für einen Sozialdemokraten, der zumindest das Parteibuch noch bei sich habe, gehöre es zum Grundkodex, dass man Menschen - egal, wo sie herkämen - nicht sozial diffamiere, hat er gesagt.

Tatsächlich hat Thilo Sarrazin den Fehler gemacht, zu glauben, er könne von Frankfurt aus immer noch so reden wie in Berlin. Er hat nicht begriffen, wie fein die Vorstandsetage ist, in der er im Mai Platz genommen hat. In der man im wahrsten Sinne des Wortes über den Problemen schwebt, die ihn offenbar immer noch bewegen.