Das gute Ansehen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat nach Einschätzung der Forschungsgruppe Wahlen der Union den Wahlsieg gesichert.

Berlin/Mannheim. Der CDU-Chefin sei es gelungen, SPD-Herausforderer Frank-Walter Steinmeier in der Kanzler-Frage klar zu distanzieren, teilten die Wahlforscher in Mannheim mit. Gewinner sind auch die kleineren Parteien: Sie wurden Angaben der Demoskopen zufolge dank ihres gestiegenen Ansehens gemeinsam so stark wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Dagegen markiere die herbe Niederlage der SPD einen "historischen Tiefpunkt" für die Partei.

Nach vier Jahren Großer Koalition bringe das Wahlergebnis eine Wiederbelebung der klassischen Lagerorientierung auch im Verhältnis von Regierungs- und Oppositionsparteien, schreiben die Forscher. Der Erfolg der kleineren Parteien werde künftig von allen Parteien mehr Flexibilität auf dem "Koalitionsmarkt" erfordern.

Die zentralen Elemente des Wahlsiegs der Union sind nach diesen Angaben ihre Leistungsbilanz und vor allem die Kanzlerin. Merkel kompensiere "mit guter Arbeit und bester Reputation die teils erheblichen Vertrauensverluste in die Sachkompetenzen" der Union. Die CDU-Chefin genießt mit positiven Noten in allen Lagern das höchste Ansehen eines Kanzlerkandidaten bei einer Bundestagswahl nach 1990.

Die Kanzlerin gilt als glaubwürdiger, sympathischer und durchsetzungsfähiger als Steinmeier. Außerdem halten die Wähler sie für diejenige, die Deutschland besser aus der Krise führen kann. 56 Prozent wollen laut Forschungsgruppe Wahlen lieber Merkel und nur 33 Prozent Steinmeier als Regierungschef. Doch in zahlreichen Politikbereichen muss die Union Einbußen hinnehmen: Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, eindeutig größtes Problem für die Deutschen, vertrauen nach 41 Prozent 2005 jetzt noch 29 Prozent auf die CDU/CSU. Kompetenzeinbußen gibt es für die Union auch in den Bereichen Bildung und Steuern, wo immer mehr Bürger bei überhaupt keiner Partei Sachverstand sehen.

Die SPD kämpft nach Ansicht der Wahlforscher mit einem strategischen Dilemma: Neben einer stärker in die Mitte gerückten Union verliert sie nach links Wähler, deren Wünsche sie als Regierungspartei nicht bedienen kann. Hinzu kommt die gesunkene Wahlbeteiligung, die nach einem themenarmen, nicht polarisierenden Wahlkampf auf ein Mobilisierungsdefizit der SPD verweist. Die Partei muss sich nach Einschätzung der Experten zum Erhalt einer realistischen Machtoption jenseits der Union neu ausrichten.

Die FDP hat nach Angaben der Wahlforscher von den Koalitionsdiskussionen stark profitiert, 32 Prozent ihrer Wähler stehen prinzipiell der CDU/CSU näher. Insgesamt kommt es in den Bündnisfragen zu einer Polarisierung zwischen Schwarz-Rot und Schwarz-Gelb, wobei keine Variante wirklich überzeugt.

Die Linke hat ihr Ansehen bei den Wählern in den vergangenen Jahren verbessert. Ihren relativ höchsten Zuspruch erzielt die Linke mit zehn Prozent in der Sozialpolitik beziehungsweise mit 15 Prozent in Ost-West-Fragen. Eindeutig stärkste Partei ist sie bei arbeitslosen Wählern mit 32 Prozent (plus sieben).