Bei der Bundestagswahl sind gestern erneut angebliche Prognosen frühzeitig im Internet veröffentlicht worden. Vor Schließung der Wahllokale tauchten beim Kurznachrichten-Dienst Twitter ab etwa 16 Uhr Dutzende Nachrichten mit Zahlen zum Ausgang der Wahl auf. Der Bundeswahlleiter kündigte an, sämtliche Einträge überprüfen zu wollen.

Berlin. Viele Nutzer behaupteten, Zahlen des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap zu besitzen. Einige Einträge entsprachen in etwa den Prognosen, die erst ab 18 Uhr veröffentlicht wurden. Andere unterschieden sich deutlich von denen des Meinungsforschungsinstituts.

Als Erster hatte ein privater Blogger aus Niederbayern eine vermeintliche Prognose eingestellt, die aber deutlich vom tatsächlichen Ergebnis abwich. Nach 18 Uhr sendete der Blogger eine Botschaft, in der er von einem angeblichen Übermittlungsfehler als Ursache für die Abweichungen sprach. Kurz nach dem niederbayerischen Blogger brachte ein Twitter-Nutzer unter dem angeblichen Absender des FDP-Stadtverbands im nordrhein-westfälischen Unna identische Zahlen in Umlauf. Der Vorsitzende des Stadtverbands, Martin Bick, sagte der Nachrichtenagentur AFP, er wisse nichts von einer Veröffentlichung der angeblichen Prognose. Twitter werde seines Wissens von seinem Stadtverband nicht genutzt.

Den Bloggern drohen gegebenenfalls drastische Strafen. In Deutschland ist es verboten, die Ergebnisse von Wählerbefragungen vor Schließung der Wahllokale zu veröffentlichen, weil damit diejenigen beeinflusst werden könnten, die bis dahin noch nicht ihre Stimme abgegeben haben. Ein Sprecher des Bundeswahlleiters sagte, dass die Twitter-Veröffentlichungen allesamt ausgewertet würden. "Wir haben beobachtet und dokumentiert, was über Twitter lief", sagte er. Wenn sich erweist, dass die dort veröffentlichten Prognosen tatsächlich auf Werten beruhen, die von den Meinungsforschern vorab an ausgewählte Politiker und Journalisten herausgegeben wurden, droht dem Blogger eine Strafe von bis zu 50 000 Euro. Sogar das Wahlergebnis kann dann angefochten werden.

Es war nicht das erste Mal, dass Prognosen vorzeitig auf Twitter veröffentlicht worden sind. Schon bei den Landtagswahlen am 30. August in Thüringen, Sachsen und im Saarland kursierten vor Schließung der Wahllokale angebliche Ergebnisse im Internet.