Zwischen Elbe und Oder wird am Sonntag ein neuer Landtag gewählt. Die Sozialdemokraten liegen in den Umfragen vorn.

Potsdam. Die Konkurrentin besingt zum Mandolinenklang den roten "Mo-o-ohn", durch den sie "Hand in Hand" wandern will. Allerdings nicht mit irgendjemandem, sondern mit Matthias Platzeck. Denn natürlich ist das, was die linke Spitzenkandidatin Kerstin Kaiser da mit dünner Stimme in Scheunen und Schankräumen vorträgt, politisch gemeint. Schließlich hofft ihre Partei seit zehn Jahren auf die erste rot-rote Koalition in Brandenburg.

An Platzeck scheinen Kaisers sozialromantische Avancen bislang allerdings abzuperlen. Der 55-Jährige lässt sich nicht in die Karten schauen. Nur wenn die CDU bei der Landtagswahl unter 20 Prozent falle, könnte der amtierende Ministerpräsident bereit sein, die Pferde zu wechseln, heißt es. Aber wer weiß das schon. Fest steht nur, dass die Große Koalition in Brandenburg seit 1999 einigermaßen geräuschlos funktioniert. Was Manfred Stolpe damals zunächst zähneknirschend begann, nachdem der SPD die absolute Mehrheit abhanden kommen war, hat sein Ziehsohn in den zurückliegenden sieben Jahren fortgesetzt.

In diesem Landtagswahlkampf ist Platzeck "Der Brandenburger". Mit ihren Plakaten appelliert die SPD im Land zwischen Elbe und Oder an das Wir-Gefühl, und Platzeck selbst bedient auch noch das spezielle Ost-Gefühl. Selbstverständlich, ruft er den Leuten in diesem Wahlkampf zu, sei er "ein Ostdeutscher". Und dass es vor der Wende "bequemere Gegenden" in Deutschland gegeben habe. Dass man stolz darauf sein dürfe, sich "aus diesem Loch" herausgearbeitet zu haben!

Könnten die Brandenburger ihren Ministerpräsidenten direkt wählen, würden sich Infratest dimap zufolge 74 Prozent der Wahlberechtigten am Sonntag für Matthias Platzeck entscheiden. Neun Prozent der Befragten sprechen sich für die CDU-Politikerin Johanna Wanka aus, sechs Prozent für Kerstin Kaiser. Fragt man allerdings nach den Parteien, sieht die Sache schon ganz anders aus. Die SPD kommt in der jüngsten Umfrage auf 31 Prozent, die Linke auf 28 Prozent, die CDU auf 22 Prozent. Während die Grünen noch zittern, könnten die Liberalen den Sprung in den Landtag dieses Mal schaffen, und die DVU ist nach zwei Legislaturperioden wohl wieder draußen.

SPD-Generalsekretär Klaus Ness spricht von einem Kopf-an-Kopf-Rennen seiner Partei. Die Brandenburger müssten sich entscheiden, sagt er leicht pathetisch, ob sie Matthias Platzeck als Ministerpräsidenten wollen oder nicht.

Tatsächlich wäre Platzeck politisch schwer beschädigt, wenn die Linkspartei am Sonntag an der SPD vorbeiziehen würde. Rot-Rot ist für Platzeck zwar "eine Option", aber den Juniorpartner der SED-Erben möchten die Sozialdemokraten in Brandenburg auf gar keinen Fall spielen. Und einer wie Kerstin Kaiser, die als IM "Kathrin" jahrelang ihre Kommilitonen bespitzelte, wollen sie bestimmt nicht in die Staatskanzlei verhelfen. "Ausgeschlossen", sagt Ness. Auch wenn Matthias Platzeck das "Stasi, Stasi, Stasi!"-Gerede nach eigenem Bekunden inzwischen herzlich satt hat und gern erklärt, selbst Stasi-Spitzel hätten eine Chance auf "Resozialisierung" verdient.

Platzeck, der erst 1995 in die SPD eintrat, hat eine der steilsten politischen Karrieren Ostdeutschlands hingelegt. Der Arztsohn aus Potsdam, der biomedizinische Kybernetik studiert und 1988 in seiner Heimatstadt eine grüne Bürgerinitiative gegründet hatte, stieg 1990 unter Manfred Stolpe zum Umweltminister auf. Deutschlandweit populär wurde er im Sommer 1997, als die Oder über ihre Ufer trat und die Medien dem jungenhaften Minister das Etikett "Der Deichgraf" anhefteten.

Als Platzeck 1998 sein Ministeramt aufgab, um die Nachfolge des von einer wütenden Bürgerschaft abgewählten Potsdamer SPD-Oberbürgermeisters anzutreten, rechnete man ihm das als Opfer an. Und als Manfred Stolpe drei Jahre später als Ministerpräsident zurücktrat, galt Platzeck als sein natürlicher und einzig möglicher Nachfolger.

Man hat ihm nie etwas negativ nachgetragen. Weder, dass er es mit der IM-Vergangenheit seines Mentors Stolpe nicht so genau nehmen wollte. Noch, dass sich die Schuhe des SPD-Bundesvorsitzenden, in die er nach dem Rückzug Franz Münteferings Ende 2005 stieg, als zu groß erwiesen. Damals wurde Platzeck krank. Er erlitt zwei Hörstürze und beschloss nach seiner Genesung, einfach wieder nur der Brandenburger zu sein.

Matthias Platzeck weiß, dass am Sonntag alles auf ihn zuläuft. "Ob Regen oder Schnee, am Ende siegt die SPD." Das ist sein Motto.