Weil das übliche Vorbereitungsgespräch zwischen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) gestern etwas länger dauerte, begann die letzte Kabinettssitzung der 16. Legislatur gestern Morgen mit zehnminütiger Verspätung.

Berlin. Also um 9.40 Uhr statt um 9.30. Und schnell zu Ende war sie auch. Um Viertel nach zehn ging man wieder auseinander. Die letzte Sitzung habe in freundschaftlicher, ja "aufgeschlossener" Atmosphäre stattgefunden, stellte der stellvertretende Regierungssprecher Klaus Vater später fest. Er fügte hinzu, man wisse eben, dass man zusammen "eine ganze Menge" durchgesetzt habe.

Bei den letzten Entscheidungen, die das Kabinett Merkel traf, ging es unter anderem um die neue Verordnung, die den Ausbau von Windenergieanlagen in der Nordsee regelt. Von dort aus sollen künftig 6,8 Millionen Haushalte mit Strom versorgt werden. Insgesamt will Deutschland den Anteil der regenerativen Energien an der Stromversorgung bis 2020 auf 30 Prozent erhöhen. 15 Prozent des Stroms sollen dann aus der Windkraft kommen, bislang sind es rund sechs Prozent.

Außerdem einigten sich CDU und SPD doch noch darauf, die sogenannten Verschlusssachen der Bundesrepublik Deutschland "in großem Umfang" zugänglich zu machen. Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) erklärte anschließend zufrieden, die Öffentlichkeit werde "künftig deutlich umfassender Zeugnisse unserer politischen Geschichte nutzen können", die Neuregelung treffe "einen angemessenen Ausgleich zwischen öffentlichem Zugang und notwendiger Geheimhaltung". Die zuletzt 2006 neu gefasste Verschlusssachenanweisung war auf Widerstand in anderen Ministerien gestoßen, weil sie sich aufgrund zu kurzer Prüffristen als nicht praktikabel erwiesen hatte.

Die Termine zur Prüfung und Offenlegung der Akten werden sich jetzt am Alter der Vorgänge orientieren. Grundsätzlich soll die Verschlussfrist von 30 Jahren bestehen bleiben. Geheimakten aus den Jahren 1949 bis 1959 werden nach der Neuregelung bis 2013 zugänglich gemacht. Akten, die zwischen 1960 und 1994 angelegt wurden, sollen bis 2025 schrittweise (drei Jahrgänge pro Kalenderjahr) geöffnet werden. Für Verschlusssachen, die von 1995 an erstellt wurden, gilt dann die 30-Jahres-Frist. Unter Verschluss bleiben Papiere, "die die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährden oder die auswärtigen Beziehungen belasten". Also Akten, in denen es um Ermittlungstechniken, Verteidigungspläne oder Maßnahmen zum zivilen Krisenmanagement geht.

Wie der Fall der früheren RAF-Terroristin Verena Becker gerade gezeigt hat, dürften vor allem die Freigabe-Anträge für Geheimakten der Nachrichtendienste und des Verfassungsschutzes Probleme bereiten. Schäuble hatte Akten des Verfassungsschutzes für ein neues Ermittlungsverfahren gegen Becker im Fall des ermordeten Generalbundesanwalts Siegfried Buback erst nach "umfassender Prüfung" an die Generalbundesanwaltschaft weitergegeben. Nach diesem Fall lässt sich ermessen, wie schwierig es für Historiker und Journalisten werden wird, sich Zugang zu vergleichbaren Verschlusssachen zu verschaffen.