Nachdem der Hauptausschuss für Mindestarbeitsentgelte seine Arbeit aufgenommen hat, deutet sich bereits ein Streit zwischen seinen Mitgliedern an. Bei der ersten Sitzung lehnte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt Mindestlöhne in weiteren Wirtschaftszweigen strikt ab.

Berlin. Er sehe im Moment "keine einzige Branche", in der soziale Verwerfungen drohten, sagte er. DGB-Chef Michael Sommer, wie Hundt auch Mitglied des Ausschusses, äußert daraufhin Zweifel am Sinn des Gremiums. Er erklärte, dass ein flächendeckender, gesetzlicher Mindestlohn das Hauptziel der Gewerkschaften bleibe. Der Ausschuss sei seiner Ansicht nach darum überflüssig.

Unter dem Vorsitz des früheren Hamburger Bürgermeisters Klaus von Dohnanyi sollen in ihm Experten, Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertreter prüfen, in welchen weiteren Branchen mit geringer Tarifbindung Lohnuntergrenzen festgelegt werden sollen. Bislang gibt es sie im Bau-, Elektro-, Dachdecker-, Maler- und Lackierergewerbe sowie in der Abfallwirtschaft, in Großwäschereien, für Wach- und Sicherheitsdienste, für die Briefdienste, die Gebäudereiniger, Bergbauspezialisten und in der beruflichen Weiterbildung.

Der verantwortliche Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) wertete den Ausschuss als "Meilenstein" für die Arbeitnehmer in Deutschland. Als er die Ernennungsurkunden an die Mitglieder übergab, zeigte Scholz sich davon überzeugt, dass sie sich "rasch und tatkräftig" auf Untergrenzen für weitere Wirtschaftsbereiche verständigen können.

Welche als Erstes geprüft werden sollen, blieb jedoch offen. Bei früherer Gelegenheit hatte Scholz als eine Möglichkeit die Fleischindustrie genannt.

Zudem rechnet der Arbeitsminister damit, dass noch in diesem Jahr für die rund 600 000 Beschäftigten in der Pflege ein Mindestlohn durchgesetzt wird. Die Mitglieder der Pflegekommission, die die Höhe aushandeln sollen, seien berufen worden.

Die Pflegekommission stellt einen Sonderweg dar. Grund sind die verfassungsrechtlich geschützten Lohn- und Gehaltsvereinbarungen der kirchlichen Anbieter, die den größten Teil der Pflegekräfte beschäftigen. Sie schließen keine Tarifverträge ab, orientieren sich aber an denen des öffentlichen Dienstes. In der Branche werden zwischen 7,50 und knapp zehn Euro pro Stunde gezahlt. Tatsächlich sind es oft deutlich weniger, weil Pflegedienste oder Heime die Tarifverträge nicht anwenden.