Die immer älter werdende Bevölkerung könnte das Gesundheitssystem in den nächsten Jahrzehnten vor eine Zerreißprobe stellen.

Berlin. In 30 Jahren würden rechnerisch allein 550 000 zusätzliche Altenpflegekräfte benötigt, erklärte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt gestern in Berlin. Auch auf die erwartet starke Zunahme von Altersverwirrten ist das System aus Sicht von Experten nicht eingerichtet.

Eine neue Studie hatte vor wenigen Wochen ergeben, dass die Zahl der Demenzkranken von heute etwa 1,1 Millionen schon bis 2020 auf 1,6 Millionen steigen wird und bis 2050 auf mehr als zwei Millionen. Bei einer Konferenz in Berlin sprach der Wuppertaler Geriater Ingo Füsgen von einer gewaltigen gesamtgesellschaftlichen Herausforderung. Die bisherigen Ideen für eine bessere Prävention, Therapie, Rehabilitation und Versorgung seien bescheiden.

Es gebe eine Tabuisierung von Demenz, nicht nur bei den Betroffenen und ihren Angehörigen, sondern auch "in den Köpfen der Ärzte", sagte Füsgen. Diese mäßen der Krankheit nicht genügend Bedeutung bei. Deshalb werde Demenz oft nicht erkannt. "Ein globales Problem wird im Verteilungskampf bewusst weggedrückt", sagte Füsgen.

Auch Schmidt beklagte bei der Konferenz Mängel in der Versorgung der altersverwirrten Menschen. Zum Beispiel fehle oft eine zielgenaue Behandlung mit Medikamenten. Sie startete eine neue Kampagne, um Pflegeberufe aufzuwerten und Nachwuchs für sie zu gewinnen: "Pflegeberufe sind Berufe mit Zukunft. Unsere Gesellschaft ist mehr denn je auf Menschen angewiesen, die sich der Kranken- und Altenpflege widmen oder dies in Zukunft tun wollen." Auf den Bedarf von 550 000 zusätzlichen Kräften im Jahr 2040 komme man rechnerisch, wenn man heutige Bedingungen fortschreibe und auch die heutige Relation von Pflegenden und Patienten unterstelle.