Freude sieht anders aus. Als sich gestern in Erfurt die Nachricht von der Rückkehr des am vergangenen Donnerstag abrupt zurückgetretenen Ministerpräsidenten Dieter Althaus (CDU) verbreitete, wirkten Freund und Feind wie vom Donner gerührt.

Berlin. Finanzministerin Birgit Diezel und Sozialministerin Christine Lieberknecht lehnten es rundweg ab, sich dazu zu äußern, dass Althaus heute die Kabinettssitzung leiten will. Verständlicherweise.

Die beiden CDU-Politikerinnen ließen erst am späten Abend die Katze aus dem Sack: Sie hätten sich darauf verständigt, Christine Lieberknecht als Ministerpräsidentin vorzuschlagen, sollte sich die SPD dazu bereitfinden, mit den Christdemokraten, die ihre absolute Mehrheit bei der Landtagswahl vom 30. August verloren haben, eine Große Koalition zu bilden. Aber auch in der Opposition löste die Nachricht von Althaus' Rückkehr ungläubiges Staunen aus. Die CDU müsse "jetzt schnell klären, wer die Fäden in der Hand hat", forderte der SPD-Landesvorsitzende Christoph Matschie. Althaus könne "nicht ernsthaft denken, dass er wieder mitreden kann", sagte Bodo Ramelow, der Spitzenkandidat der Linkspartei. Grünen-Chefin Astrid Rothe-Beinlich meinte: "Entweder ich trete von allen Ämtern zurück oder nicht. Was Althaus da macht, bleibt mir ein Rätsel." Und FDP-Generalsekretär Patrick Kurth sagte: "Vielleicht gibt er seinen Ausstand."

Regierungssprecher Fried Dahmen versuchte unterdessen, die Bedeutung der angekündigten Rückkehr herunterzuspielen. "Was Althaus zu sagen hat", sagte Dahmen knapp, "wird er alles am Dienstag erzählen." Dahmen verwies auf Artikel 75 der thüringischen Landesverfassung, der festlegt, dass der Ministerpräsident so lange im Amt bleibt, bis ein Nachfolger gewählt ist. Dass Birgit Diezel als stellvertretende Ministerpräsidentin vorübergehend die Amtsgeschäfte übernommen habe, ändere daran nichts. "Sobald Dieter Althaus die Staatskanzlei betritt - und sei es nur, um seinen Schreibtisch aufzuräumen", erklärte Dahmen, "ist er wieder im Amt." Althaus werde sein am 30. August errungenes Direktmandat annehmen.

Inzwischen richtet man sich in Erfurt auf zähe Verhandlungen zur Bildung einer Koalitionsregierung ein. Der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, drohte der SPD mit einem vorzeitigen Abbruch der rot-roten Sondierungsgespräche in Thüringen. "Ich habe meinen Genossen in Erfurt deutlich gesagt: Verhandelt, solange ihr glaubt, dass die SPD es ernst mit euch meint. Aber wenn ihr glaubt, veralbert zu werden, dann macht das deutlich und zieht einen Schlussstrich", sagte Gysi der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung".

Die SPD will die Sondierungsgespräche mit der Linken und mit der CDU am Mittwoch beziehungsweise Donnerstag fortsetzen. Während SPD-Chef Matschie die konstruktive Atmosphäre der ersten Runde lobte, erklärte Gysi, er habe den Eindruck, dass Matschie Schwarz-Rot für den bequemeren Weg halte. Ein solches Bündnis werde aber für die SPD bedeuten, "an der Seite der CDU dahinzusiechen".

Währenddessen lassen Thüringens Grüne weiter offen, ob sie einer künftigen Regierungskoalition angehören wollen oder nicht. Astrid Rothe-Beinlich sagte dem Mitteldeutschen Rundfunk, Rot-Rot habe bereits eine eigene, wenn auch hauchdünne Mehrheit. Es gehöre jedoch zum demokratischen Grundverständnis ihrer Partei, sich anzuhören, was Linke und SPD zu sagen hätten. "Nicht denkbar" sei es für die Grünen, Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten zu wählen.