So einer wie Oskar Lafontaine dürfe zwanzig Jahre nach dem Mauerfall nicht wieder etwas zu sagen haben in Deutschland, hat Angela Merkel (CDU) auf einer Wahlkampfveranstaltung in Saarbrücken erklärt.

Berlin. Und dass es verhindert werden müsse, dass solche "Blockierer von Geschichte und Zukunft" wieder das Sagen hätten.

Nun, gestern Mittag saßen gleich zwei von diesen "Blockierern" in Berlin: Oskar Lafontaine und sein Genosse Gregor Gysi. Sie waren Gast der Bundespressekonferenz und genossen den Auftritt sichtlich. Von ihren Erfolgsaussichten waren sie wie aufgedreht. Auf der anderen Seite hielt sich das Vergnügen allerdings in Grenzen je länger sich Lafontaines Philippika in Sachen Finanzkrise hinzog: "Die Finanzindustrie steuert die Politik! Die Richtlinien der Politik hat Herr Ackermann festgelegt! Herr Ackermann ist der deutsche Bundeskanzler!" Erst als Gysi übernahm, kam wieder ehrliches Interesse auf. Und vermutlich haben dem SPD-Spitzenkandidaten in Thüringen gleich kräftig die Ohren geklingelt. Und zwar als Gregor Gysi in Berlin ausrief: "Wer ist denn Matschie?" Und meinte, diesem Matschie zuliebe werde man gewiss nicht die Spielregel ändern, die in der Bundesrepublik seit 1949 gelte. Nämlich die, nach der die stärkste Partei in einer Koalitionsregierung den Ministerpräsidenten stelle.

Entgegen allen Spekulationen ist die Linkspartei also wohl doch nicht bereit, dem Sozialdemokraten Christoph Matschie den Posten des Ministerpräsidenten zu überlassen, sollte sie am Sonntag stärker werden als die SPD. Da reiche ihm auch "eine Stimme Unterschied", verkündete Gysi jedenfalls gestern.

Ist Bodo Ramelow also nicht mehr frei in seinen Entscheidungen? Wird nach der Wahl in der Berliner Parteizentrale darüber entschieden, was der thüringische Spitzenmann zu tun oder zu lassen hat? Während Oskar Lafontaine nur meinte, das sei "eine sensible Frage", wurde Gysi deutlich. Selbstverständlich müsse über eine so wichtige Frage der Landesparteitag entscheiden, aber es sei ja "völlig klar, wie der entscheidet".

Nun ist es natürlich längst nicht ausgemacht, dass es in Thüringen für Rot-Rot beziehungsweise für Rot-Rot-Grün reichen wird. Die CDU ist zwar in den Umfragen zurückgefallen, und es scheint auch sicher, dass Dieter Althaus seine absolute Mehrheit verlieren wird - aber für Schwarz-Gelb könnte es immer noch reichen.

Umso erstaunlicher war der Optimismus, den Gysi und Lafontaine gestern in Berlin verbreiteten. Im Saarland rechnet sich Spitzenkandidat Lafontaine offenbar tatsächlich Chancen auf die Rückkehr ins Ministerpräsidenten-Amt aus, und für den 27. September hofft er auf ein Ergebnis von "10 Prozent plus x". Die SPD, meinte Gregor Gysi abschließend, müsse jetzt mal "eins auf die Mütze kriegen, damit sie sich resozialdemokratisiert".