Die CSU rückt offenbar von der Forderung ab, ihre Zustimmung zu den Begleitgesetzen zum EU-Reformvertrag an Bedingungen zu knüpfen.

Berlin. Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Hartmut Koschyk, verzichtete bei der ersten Lesung der Entwürfe gestern im Bundestag darauf, eine Resolution als Voraussetzung für die Begleitgesetze zu fordern. Sie will darin festschreiben, dass eine Zustimmung Deutschlands zum Vertrag von Lissabon nur im Rahmen der Interpretation des Bundesverfassungsgerichts gelten soll. Außerdem soll das Klagerecht des Bundes und der Länder vor dem Bundesverfassungsgericht ausgeweitet werden, falls die EU ihre Kompetenzen überschreitet.

Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, hatte zuvor erklärt, die Resolution sei entbehrlich. Völkerrechtliche Vorbehalte für die weitere deutsche EU-Politik seien "abwegig". Sein Kollege von der CDU, Norbert Röttgen, thematisierte in seiner Rede erst gar nicht den Wunsch der CSU nach einer Resolution.

Redner der Koalitionsfraktionen sowie von FDP und Grünen bekannten sich zum Zusammenwachsen Europas und stellten sich hinter den Lissabon-Vertrag. Durch ihn soll die EU mehr Kompetenzen erhalten, etwa durch den Verzicht auf ein Vetorecht der Einzelstaaten zugunsten von Mehrheitsentscheidungen. Das Bundesverfassungsgericht hatte jedoch die Zustimmung zu dem Lissabon-Vertrag von gesetzlich geregelten Mitspracherechten von Bundestag und Bundesrat in EU-Fragen abhängig gemacht. Dies soll nun in den vier Begleitgesetzen geregelt werden.

Einzig die Linkspartei lehnte den Lissabon-Vertrag erneut ab. "Ihre vier Fraktionen wollen ein Europa der Eliten und wir wollen ein Europa der Bürger", sagte ihr Fraktionsvorsitzender Gregor Gysi an die Adresse der Lissabon-Befürworter gerichtet. Die Linkspartei war unter den Klägern gegen den EU-Reformvertrag, was nun zu den Begleitgesetzen führte. Gysi ließ offen, ob Die Linke ein zweites Mal einen Gang nach Karlsruhe anstreben werde.

Die Europa-Minister der Länder billigten in Berlin mit breiter Mehrheit die geplanten zusätzlichen Mitspracherechte des Bundesrates in EU-Fragen. "Der Sieger ist erstmals nicht die Regierung", sagte Länder-Verhandlungsführer Wolfgang Reinhart (CDU) aus Baden- Württemberg. Der Bundesrat entscheidet über sein Begleitgesetz am 18. September. Der Bundestag will am 8. September abstimmen. Dann kann Bundespräsident Horst Köhler die Ratifizierung des Vertrages von Lissabon abschließen.

Einschließlich Deutschlands haben vier der 27 EU-Mitglieder den Lissabon-Vertrag noch nicht ratifiziert. Die Ratifikation in allen Mitgliedstaaten ist Voraussetzung dafür, dass der Reformvertrag in Kraft treten kann.

In Irland steht dazu eine zweite Volksabstimmung an. In Tschechien und Polen weigern sich bislang die europaskeptischen Präsidenten Vaclav Klaus und Lech Kaczynski, die Ratifizierungsurkunden zu unterschreiben.