FDP-Parteivorsitzender Guido Westerwelle will nach wochenlangem Streit mit dem Wunsch-Koalitionspartner CDU/CSU um Koalitionsaussagen einen Schlussstrich ziehen. “Mir ist gestern nach sehr anhaltenden Angriffen über mehrere Wochen der Kragen geplatzt.

Berlin. Ich habe meinem Unmut Luft gemacht, aber das war's jetzt auch", sagte Westerwelle gestern in der ARD. Es gehe nicht um seine persönlichen Befindlichkeiten, sondern um klare Mehrheiten bei Wahlen.

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel hatte zuvor der Union "falsches Spiel" im Wahlkampf vorgeworfen. Ausgangspunkt des Streits ist der gegenseitige Vorwurf, abseits der Öffentlichkeit andere Koalitionsvarianten als Schwarz-Gelb vorzubereiten. Für die FDP sei Schwarz-Gelb ein Projekt, "für die Union eine zusätzliche Option. Das reicht nicht", sagte Niebel im ZDF-"Morgenmagazin". Er wies "Dauerbeschimpfungen" der Union zurück und verhöhnte Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) als "Bundeswahlkampfminister". "Während er im Schaufenster steht, entscheiden die anderen an ihm vorbei", sagte Niebel. In "Handelsblatt.com" sagte Niebel zu Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer: "Wir wollen keinen Streit mit der Union. Wir verbitten uns jetzt allerdings mit aller Klarheit deren falsches Spiel." CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt hatte die FDP zuvor als "Partei ohne Köpfe und Konzepte" bezeichnet. Ein anderes Mal attestierte der CSU-Mann dem FDP-Programm "geistige Windstille".

Westerwelle hatte am Montag die bisherige Stoßrichtung des FDP-Wahlkampfs gegen Rot-Rot-Grün geändert und war nach den wiederholten Angriffen vor allem aus der CSU auf Konfrontationskurs zur Union gegangen. Als die CDU-Vorsitzende und Kanzlerin Angela Merkel am Wochenende ("Ich mache keinen Koalitionswahlkampf") noch den CSU-Druck auf die FDP bestärkte und damit die Glaubwürdigkeit der Liberalen in der Koalitionsfrage angriff, platzte Westerwelle schließlich der Kragen: "Jetzt ist Schluss mit lustig."

Viele in der Union sind der Ansicht, dass der Ton gegenüber der FDP derzeit zu ruppig war. "Ich werde ständig an den Ständen angesprochen, warum wir die FDP angreifen, wenn wir mit denen doch koalieren wollen", klagte ein Fraktions-Oberer. "Und ich muss sagen: Die Leute haben recht. Unser Gegner muss doch Rot-Rot-Grün sein."

Der aktuelle Zwist "wird beiden, der Union und der FDP, schaden", sagte der Chef des Meinungsforschungs-Instituts TNS Emnid, Klaus-Peter Schöppner, zu "bild.de". In der Bevölkerung herrsche die Meinung, die Politiker sollten "alle Kraft in die Überwindung der Wirtschaftskrise stecken und die Wähler nicht mit parteipolitischem Gezappele nerven". "Wenn in Zeiten der Krise Machtspielchen und Parteienwohl über Bürgerwohl gestellt werden, reagieren die Leute sehr ärgerlich."

SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann hielt Union und FDP vor, sie stritten sich "wie die Kesselflicker". Nach der Wahl werde sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) "in der Zange" zwischen Seehofer und FDP-Chef Guido Westerwelle befinden.

Die CDU-Ministerpräsidenten aus Hessen und dem Saarland, Roland Koch und Peter Müller, riefen die FDP angesichts der am Wochenende bevorstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Hessen und im Saarland zur Mäßigung auf. "Das bürgerliche Lager darf sich nicht auseinanderdividieren lassen", warnte Müller, der am Sonntag wiedergewählt werden will.