Wer zahlt die Schweinegrippe-Impfung? Auf die gesetzlich Krankenversicherten könnten bis zu 36,75 Euro an zusätzlichen Kosten pro Monat zukommen.

Hamburg. Mehrere Hundert Deutsche erkranken täglich neu an Schweinegrippe. Das Robert-Koch-Institut (RKI) rechnet bei einer weiteren Ausbreitung der Schweinegrippe in Deutschland mit gravierenden Verläufen der Krankheit. Umso wichtiger ist ein umfassender Schutz. Die Kosten werden allerdings allein für die erste Impfwelle im Herbst, wenn zunächst etwa 30 Prozent der Bevölkerung geimpft werden sollen, auf mindestens 600 Millionen Euro geschätzt. Angesichts dieser Zahl ist zwischen der Bundesregierung und Vertretern gesetzlicher Krankenkassen ein Streit darüber ausgebrochen, wer dies tragen soll.



Die Impfung ist originär eine Aufgabe der Krankenkassen. Es ist vorgesehen, dass ab Herbst 22,5 Millionen Menschen geimpft werden, darunter Menschen mit chronischen Atemwegsleiden, Fettsüchtige, Schwangere sowie Mitarbeiter von Gesundheitsdienst und Feuerwehr. Die Kosten für die erste Impfwelle in Höhe von 600 Millionen Euro oder mehr seien "nicht eben mal so aus der Portokasse zu begleichen", sagte Rolf Steinbronn, Chef der AOK Plus. Weil die durch Schweinegrippe ausgelösten Kosten derzeit nicht im Gesundheitsfonds einkalkuliert seien, seien auch der Bund und die Länder in der Pflicht, erklärte der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Das Gesundheitsministerium wies die Forderungen allerdings zurück. Die Chancen für die Krankenkassen, die Kosten zu teilen, stehen damit schlecht. "Die Krankenkassen sind Körperschaften öffentlichen Rechts. Man kann sie per Rechtsverordnung dazu verpflichten, für die Impfung aufzukommen", sagte die Sprecherin der Techniker Krankenkasse, Dorothee Meusch, dem Hamburger Abendblatt. Sollte das Gesundheitsministerium also bei seiner Meinung bleiben, drohen den Versicherten monatliche Zusatzbeiträge von maximal 36,75 Euro.


"Der Streit um die Finanzierung der Impfkosten ist der beste Beweis dafür, dass der Gesundheitsfonds wieder abgeschafft gehört. Man kann nicht mit planwirtschaftlichen Instrumenten Gesundheitspolitik betreiben", sagte der FDP-Gesundheitsexperte Daniel Bahr dem Abendblatt. Grundsätzlich sei es aber Aufgabe der Kassen, die Impfkosten zu übernehmen.


Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Günter Rühs, nannte den Streit kleinkariert. "Die Kosten für die Impfung sind auf jeden Fall deutlich niedriger als die möglichen Kosten, die den Krankenkassen bei einer Krankheit durch Medikamentenverschreibung und Lohnfortzahlung entstehen würden", sagte er.


Auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sieht die Krankenkassen in der Pflicht. Eine direkte Kostenübernahme durch Bund und Länder sei "nicht vertretbar", sagte Lauterbach der Onlineausgabe der "Frankfurter Rundschau". Die Impfaktion werde auch "keine exorbitanten Kosten" verursachen, durch die die Kalkulation des Gesundheitsfonds ins Wanken geraten könnte.


"Die Impfung gegen Schweinegrippe ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wenn wir den Großteil der Bevölkerung impfen, sparen wir dadurch in Zukunft noch größere Kosten ein", sagte der Gesundheitsökonom Stefan Greß dem Abendblatt. Die Impfung sei aber eine Aufgabe, die die Kassen übernehmen könnten. In der Konsequenz müssten sie dann eben, wie angedroht, die Zusatzbeiträge verlangen. "Es ist ein bisschen so, als spielten die Kassen Zusatzbeitragsmikado. Wer sich als Erster bewegt, hat verloren. Das ist irrational", sagte Greß.