Partei kündigt Schaffung von vier Millionen neuen Jobs an. Die Konkurrenz spart nicht mit Kritik und Spott.

Berlin. SPD-Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier will heute mit der Präsentation eines "Deutschland-Plans" versuchen, programmatisch in die Offensive zu kommen. Nachdem ihm in der vergangenen Woche Ulla Schmidts Dienstwagen-Affäre die Präsentation seines Schattenkabinetts verhagelt hat, wird Steinmeier nun in einer Rede in Berlin die Vollbeschäftigung bis 2020 in Aussicht stellen.

Doch der Auftritt könnte abermals zur Abwehrschlacht geraten. Nachdem der "Spiegel" vorab gemeldet hatte, dass in Steinmeiers Papier die Entstehung von vier Millionen neuen Jobs im nächsten Jahrzehnt in Aussicht gestellt wird, hagelte es am Wochenende Spott und Kritik von so vielen Seiten, dass der Kandidat kaum umhinkommen dürfte, sich mit den Vorwürfen offensiv auseinanderzusetzen. Bisher heißt es in dem Papier, das dem "Spiegel" vorab zugespielt wurde, die SPD wolle "zeigen, wie Deutschland mit kluger Politik im nächsten Jahrzehnt insgesamt vier Millionen neue Arbeitsplätze schaffen kann". Und: "Bis 2020 wollen wir die Arbeitslosigkeit besiegen." Zu erreichen sei das unter anderem durch den sparsameren Einsatz von Energie und Rohstoffen in der Industrie, mehr Stellen in der Kranken- und Altenpflege sowie durch die Förderung grüner Schlüsseltechnologien. Unter Steinmeier als Kanzler werde Deutschland zum "Silicon Valley umweltschonender Industrieproduktion".

Beim Wunsch-Koalitionspartner in spe reagierte man wenig begeistert. Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin, der sich mit Schelte an der SPD bisher eher zurückgehalten hatte, warf Steinmeier vor, er wolle mit seinem Deutschland-Plan die Untätigkeit der SPD kaschieren. "Da Frank-Walter Steinmeier schlecht zugeben kann, dass aus der Krise nur Grün hilft, startet er einen Überbietungsversuch durch Produktpiraterie", spielte Trittin auf den bereits vor Wochen vorgestellten "Green New Deal" an, mit dem eine Million neuer Jobs entstehen sollen. Wo die Grünen ebenso konkret wie konservativ für die nächste Legislaturperiode rechneten, mache die SPD "wolkige Versprechungen". Grünen-Chefin Claudia Roth erneuerte zudem im ZDF die Kritik ihrer Partei am Schattenkabinett Steinmeiers, mit dem offenbar eine "Kuscheltour zurück in die Große Koalition" vorbereitet werden solle.

Unionsfraktions-Vize Wolfgang Bosbach reagierte geradezu empört auf Steinmeiers Arbeitsmarktpläne. "Wie verzweifelt muss der SPD-Kanzlerkandidat eigentlich sein, sich mit einem derart unseriösen Versprechen in die Öffentlichkeit zu wagen?", sagte er dem Hamburger Abendblatt. "Herr Steinmeier ist seit elf Jahren Mitglied der Bundesregierung. Warum hat er uns so lange verschwiegen, dass er in der Lage sein will, vier Millionen neue Arbeitsplätze zu schaffen?" Bosbach weiter: "Steinmeiers ganzes Handeln zielt offenbar ausschließlich darauf ab, die Bundestagswahl am 27. September noch mit einem blauen Auge zu überstehen. Politiker sollten sich zwar ehrgeizige Ziele setzen, aber sie müssen auch realistisch und erreichbar sein, sonst disqualifizieren sie sich völlig." Auch FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sprach von einem "Akt der Verzweiflung". CSU-Chef Horst Seehofer fühlte sich im "Handelsblatt" gar an "sozialistische Planwirtschaft" erinnert, die schließlich auch auf dem simplen Vorgeben von Zielmarken basiere.

Forsa-Chef Manfred Güllner traut Steinmeier nicht zu, den Trend noch drehen zu können wie 2005 Gerhard Schröder. Damals sei das Motiv der Unentschlossenen, sich am Ende für die SPD zu entscheiden, klar mit dessen Namen verbunden gewesen. "Der fehlt aber heute", sagte er der "Welt am Sonntag".