In der Haut des Frank-Walter Steinmeier möchte man nicht stecken. Seine Mission Aufholjagd erinnert an die Aufgabe der griechischen Mythengestalt Sisyphos, die einen Felsblock einen steilen Hang hinaufrollen muss.

Immer kurz bevor Sisyphos sein Ziel erreicht, entgleitet ihm der Stein, und er muss von Neuem beginnen. Ähnlich geht es dem SPD-Kanzlerkandidaten. Jede Woche wartet die Partei auf eine Initialzündung, ein "Jetzt geht's los"-Signal, einen Hoffnungsschimmer - und dann kommt die allwöchentliche "Stern"-Umfrage und macht alle Hoffnung zunichte.

In dieser Woche hat es Sisyphos Steinmeier besonders hart erwischt. Denn mit der Vorstellung des Kompetenzteams wollte der Außenminister endlich in die Offensive kommen - bis ihm Ulla Schmidt mit ihrem Dienstwagen in die Parade fuhr. Statt Konzepten geht es um Kilometerabrechnungen, statt um Visionen um Vorteilsnahme. Die Sozialdemokraten setzen keine Themen, sie werden von der Öffentlichkeit gestellt. Und zwischen einer selbstbewussten Union und einer populistischen Linken wird das Profil der Sozialdemokraten zerrieben. Einmal mehr droht die laufende Woche so zu einer verlorenen Woche zu werden - daran ändert auch der Rauswurf Ulla Schmidts aus dem Kompetenzteam nichts.

So schmilzt die Hoffnung innerhalb der Partei auf ein neuerliches Wahlwunder wie vor vier Jahren. Dieser Hoffnung bedarf es aber, um die in Teilen entmutigte SPD-Basis zum Kämpfen zu bewegen - getreu dem alten Motto: "Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren." Manche Sozialdemokraten indes mögen gar nicht mehr kämpfen, weil sie noch immer mit der mutigen Reformagenda des ehemaligen Kanzleramtschefs Steinmeier hadern. Hier könnte sich der Bild aus der Mythologie vollenden: Denn Sisyphos wählte seine Arbeit nicht freiwillig - sie war ein Strafe.