Von einem leichten Dämpfer für Horst Seehofer zu sprechen würde das Ergebnis von Nürnberg beschönigen.

Die 88,09 Prozent sind Ausdruck von Unzufriedenheit. Ein CSU-Vorsitzender, der kurz vor der Bundestagswahl zwei Punkte verliert, muss sich fragen, ob er seine Partei zu alter Stärke führen kann.

Das Ergebnis wird zumeist mit Seehofers herrischem Führungsstil erklärt, mit der radikalen Verjüngung, die er vorgenommen hat. Auch die wieder aufgeflammten Gerüchte über ein unstetes Privatleben werden angeführt. Aber das greift zu kurz. Seehofer hat sich vorgenommen, das Selbstbewusstsein der CSU zu stärken - und erweist sich als mäßiger Therapeut. Geradezu obsessiv verfolgt er einen Abgrenzungskurs zur CDU und der Bundeskanzlerin, der auch in der eigenen Partei auf Vorbehalte trifft.

Kaum hat sich die Union auf ein gemeinsames Wahlprogramm verständigt, weicht die CSU mit einem eigenen, waghalsigen Wahlaufruf davon ab. Ein Datum für Steuersenkungen zu nennen kommt der Ankündigung gleich, Wahlversprechen zu brechen. Und die anti-europäischen Töne, mit denen Seehofer auf Stimmenfang geht, können sich leicht als Bumerang erweisen. Das Urteil von Sigmar Gabriel, Seehofer sei der Lafontaine der CDU/CSU, ist nicht fair. Aber die Begründung des Umweltministers - "beide sind gegen die EU, beide geben haltlose Versprechen ab" - lässt sich nicht einfach wegwischen.

In der Wirtschaftskrise sehnen sich die Bürger nach geradliniger, verantwortungsvoller Politik. Es ist kein Zufall, dass Wirtschaftsminister zu Guttenberg aus Nürnberg ein besonders gutes Ergebnis mitnimmt. Seehofer muss aufpassen, dass ihn nicht das Schicksal seines Vorgängers Huber ereilt: das des Übergangsvorsitzenden.