In Einzelfällen können sie nicht nur die private Festplatte, sondern auch den E-Mail-Account beim Provider durchsuchen.

Karlsruhe. Ermittler dürfen selbst dann auf E-Mails von Verdächtigen zugreifen, wenn die elektronische Post nur auf Servern eines Providers abgespeichert ist. Dies geht aus einer gestern veröffentlichten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hervor. Für die Beschlagnahme von Mails brauchen die Ermittler allerdings einen richterlichen Beschluss, so das Gericht (Az.: 2 BvR 902/06 - Beschluss vom 16. Juni 2009).

Im konkreten Fall hatte ein Amtsgericht eine Razzia in der Wohnung des Klägers angeordnet, damit vor allem Textdateien und E-Mails als Beweismittel sichergestellt würden. Dabei ging es um Ermittlungen wegen Untreue und Betrugs im Zusammenhang mit einem Investitionsprojekt in Indien, die sich nicht gegen den Mann, sondern gegen Geschäftspartner richteten. Der Kläger war verfügungsberechtigt für Konten, über die mehrere 100 000 Euro transferiert wurden. Den Zugang zu seinem E-Mail-Account auf dem Server des Providers wollte er den Ermittlern versperren: Trotz ihres Durchsuchungsbefehls hätten sie kein Recht, seine online gespeicherten E-Mails zu lesen, argumentierte er. Nachdem die Ermittler noch vor Ort um eine richterliche Erlaubnis nachgesucht und sie erhalten hatten, ließen sie rund 2500 Mails auf dem Provider-Server kopieren.

Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts war dieses Vorgehen noch verhältnismäßig. Die Richter räumten zwar ein, dass der Ermittler-Zugriff auf E-Mails und ihre Beschlagnahme ein Eingriff in das verfassungsrechtlich gewährleistete Fernmeldegeheimnis seien. In bestimmten Fällen seien die Vorschriften der Strafprozessordnung aber wichtiger; ein solcher Eingriff könne im Zuge der Ermittlungen gerechtfertigt sein. Dabei müsse die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben und im Einzelfall entschieden werden. Der Kläger sei nicht in seinen Grundrechten verletzt worden.

Vage Anhaltspunkte auf eine Straftat rechtfertigen nach den Worten der Karlsruher Richter noch keine Beschlagnahme. Vielmehr müsse ein "konkret zu beschreibender Tatvorwurf" vorliegen. E-Mails, die für das Strafverfahren nicht relevant sind, sollten zwar möglichst nicht erfasst werden - allerdings räumte der Zweite Senat ein, dass die Aussonderung der E-Mails in vielen Fällen nicht während der eigentlichen Hausdurchsuchung möglich ist. Folglich müssten auch E-Mails, die nichts mit dem Fall zu tun hätten, beschlagnahmt werden dürfen.