Baden-Württembergs FDP-Minister haben sich am Freitag im Bundesrat beim Rest der Partei nicht gerade beliebt gemacht.

Hamburg. Obwohl die FDP-Fraktion im Bundestag und die vier anderen Landesregierungen mit FDP-Beteiligung (Bayern, Niedersachsen, Hessen, Nordrhein-Westfalen) gegen die neuen Strafen für Besuche in Terrorcamps stimmten, schwenkten die Baden-Württemberger auf die zustimmende Linie des CDU-Regierungspartners ein. Damit bekam das neue Anti-Terror-Gesetz die nötigen Stimmen.

Auch die Verschärfung des Waffenrechts, die Sperrung von kinderpornografischen Internetseiten sowie die Einrichtung von Bad Banks und die strengeren Regeln für Managergehälter wurden beschlossen. In einem Mammutprogramm verabschiedete die Länderkammer am Freitag 62 Gesetze.

"Schade", nennt die bayerische FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger diplomatisch das Verhalten der baden-württembergischen Parteifreunde. Erstmals wird nun bestraft, bevor überhaupt etwas geschehen ist. Wer mit dem Vorsatz in ein Terrorcamp reist, mit dem dort erlangten Wissen einen Anschlag zu begehen, dem drohen bis zu zehn Jahre Haft. Leutheusser-Schnarrenberger nennt das Gesetz gegenüber dem Abendblatt "heikel" und verfassungsrechtlich eine "Gratwanderung". Eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht hält sich die FDP noch offen. "Wir werden jetzt überlegen, ob es dafür eine Chance gibt", sagt die ehemalige Justizministerin. Auch die schwarz-grüne Hamburger Koalition hatte sich bei der Abstimmung enthalten, weil die Grünen das Gesetz ebenfalls ablehnen.

Außerdem fassten die Länder folgende wichtige Beschlüsse:

- Bad Banks: Mit der Entsorgung risikoreicher Wertpapiere in sogenannte Bad Banks können nun Geschäftsbanken und Landesbanken ihre Bilanzen so bereinigen, dass sie trotz Krise Kredite an die Wirtschaft vergeben können.

- Managergehälter : Überzogenen Bonus-Zahlungen an Top-Manager wird ein Riegel vorgeschoben. Anreizsysteme werden am langfristigen Erfolg eines Unternehmens ausgerichtet. Auch sollen Manager bei Fehlern künftig selbst für einen Teil der Schäden aufkommen.

- Kassenbeiträge: Arbeitnehmer können ab Januar 2010 ihre Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von der Steuer absetzen.

- Renten und Kurzarbeit: Die Renten in Deutschland bleiben auch dann stabil, wenn die Löhne sinken. Das Kurzarbeitergeld kann jetzt statt 18 Monate insgesamt 24 Monate gezahlt werden.

- Steuerhinterziehung: Für Unternehmen gelten schärfere Auflagen, falls sie Geschäfte mit Steueroasen machen. Auch für Bürger mit hohen Einkommen sind erweiterte Erklärungspflichten geplant.

- Waffenrecht: Als Konsequenz aus dem Amoklauf von Winnenden werden Waffenbesitzer strenger kontrolliert - unter anderem auch durch Hausbesuche ohne Verdacht. Ein bundesweites elektronisches Waffenregister wird eingeführt.

- Kinderpornografie: Solche Seiten werden im Internet künftig gesperrt. Die Liste der zu sperrenden Seiten wird vom Bundeskriminalamt geführt.

- Patientenverfügung: Nach sechs Jahren intensiver Diskussion ist jetzt erstmals gesetzlich geregelt, dass der Wille eines Patienten bei der Anordnung lebenserhaltender Maßnahmen Vorrang hat. Damit herrscht mehr Rechtsklarheit, wenn Kranke nicht mehr selbst entscheiden können.

- Geheimdienste: Die Befugnisse des Bundestags zur Kontrolle von Bundesnachrichtendienst, Verfassungsschutz und Militärischem Abschirmdienst werden ausgeweitet. Für das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) gibt es einen Anspruch auf Herausgabe der Originalakten. Das PKG soll Zugang zu allen Dienststellen haben.

- Heroinabgabe: Schwerst Suchtkranke können künftig unter strenger Kontrolle mit synthetischem Heroin versorgt werden. Dieses Diamorphin gilt somit nicht mehr als illegale Droge, sondern wird als verschreibungspflichtiges Betäubungsmittel zugelassen. Das war zuvor in mehrjährigen Modellversuchen, unter anderem auch in Hamburg, getestet worden.

- Solarien: Der Besuch in Sonnenstudios ist für Jugendliche unter 18 Jahren künftig verboten, weil es bei ihnen ein besonderes Risiko für Hautkrebs gebe.

- Agrardiesel: Der Diesel für die Landwirtschaft wird für die nächsten zwei Jahre komplett ermäßigt und es gibt keine Beschränkungen mehr. Die Bauern werden damit künftig nach Angaben der Bundesregierung um rund 570 Millionen Euro entlastet.