Erstmals stimmen die USA zu. Heute müssen auch die Schwellenländer von diesem Vorhaben überzeugt werden.

Hamburg. Man könnte fast meinen, die sengende Sonne über dem staubigen Erdbebengebiet von L'Aquila in den italienischen Abruzzen habe den Staats- und Regierungschef der acht führenden Industrienationen (G8) den letzten Anstoß gegeben: Erstmals einigten sie sich gestern auf ihrem Gipfel auf das Ziel, die Erderwärmung 2050 im Vergleich zum Beginn des Industriezeitalters auf zwei Grad Celsius zu begrenzen. Nur dann gelten die Folgen des Klimawandels als noch beherrschbar. "Die zwei Grad sind jetzt unsere gemeinsame Basis", bestätigte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Abend.

Bis 2050 wollen die G8-Staaten den Ausstoß gefährlicher Treibhausgase für alle Nationen der Erde um die Hälfte verringern. Das war das Ziel, mit dem die EU in die Verhandlungen gegangen war. Nähere Vorgabe gibt es dazu allerdings noch nicht.

Erstmals stimmten aber auch die USA diesem Vorhaben zu und brachten damit die Klimaschutzbemühungen ein großes Stück voran. Mit dem neuen US-Präsidenten Barack Obama ist die Blockadehaltung der USA in Sachen Klimaschutz aufgebrochen. "Es gibt sehr wichtige Fortschritte von den USA", sagte der schwedische Regierungschef Frederik Reinfeldt, der als amtierender EU-Ratsvorsitzender gestern an den G8-Beratungen von Italien, Deutschland, Japan, Frankreich, Großbritannien, USA, Kanada und Russland teilnahm.

Laut Merkel geht Obama mit dem Vorsatz in die Klimaverhandlungen, nur das zu versprechen, was er auch halten kann. "Da ist noch eine Menge Arbeit zu leisten", sagte sie. Die Kanzlerin setzt nun darauf, dass auch die wichtigsten Schwellenländer Indien und China auf die Linie einschwenken werden - spätestens bis zum Klimagipfel von Kopenhagen, wo es um ein neues Weltklimaabkommen geht. Vertreter dieser sogenannten G5-Staaten, zu denen auch Brasilien, Mexiko und Südafrika zählen, stoßen heute Vormittag zu den Klimaberatungen hinzu. Allerdings fehlt einer der wichtigsten Akteure. Der chinesische Staatschef Hu Jintao reiste wegen des Uiguren-Konfliktes vorzeitig ab.

Nachmittags erweitert sich die Runde erneut um das "Forum der größten Volkswirtschaften". Dann wird es auch um den Welthandel gehen. Die G8 sehen noch kein Ende der globalen Wirtschaftskrise. "Alle waren der Überzeugung, dass die Krise bei Weitem noch nicht überwunden ist. Wenn wir Glück haben, haben wir die Talsohle erreicht", sagte Merkel. Die Staats- und Regierungschefs werden sich auch damit beschäftigen, wie und wann die teuren Konjunkturprogramme wieder zurückgefahren werden können. Beim Abendessen zeichnete sich zudem ab, dass es heute eine deutliche Erklärung des Gipfels zur Atompolitik vom Iran und Nordkorea geben wird.

Als die Staats- und Regierungschefs am Abend bei traditioneller italienischer Küche zusammensaßen, hatten die meisten einen anstrengenden Tag im Erdbebengebiet mit Verhandlungen und entsprechenden Besichtigungen hinter sich. Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi hatte den Gipfel kurzerhand von der kleinen Insel Maddalena vor Sizilien in die Abruzzen verlegt, um die Weltaufmerksamkeit auf die vom Erdbeben zerstörte Region zu lenken. Die mächtigsten Regierungschefs sind deswegen ungewohnt schlicht in einer Polizeikaserne untergebracht. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy zeigte sich allerdings wenig beeindruckt. Während Barack Obama und sein russischer Kollege Dmitri Medwedew die Erdbebenschäden in L'Aquila besichtigten, ging er joggen.