Bis mindestens 2013 wächst der Berg an Verbindlichkeiten und wird gegen den EU-Stabilitätspakt verstoßen.

Berlin. Wegen der Finanzkrise versinken Bund, Länder und Gemeinden in Schulden. Zwischen 2009 und 2013 wollen sie über eine halbe Billion Euro neue Kredite aufnehmen. Diese Planung billigte der Finanzplanungsrat, in dem Vertreter der Bundesministerien für Finanzen und für Wirtschaft, der Länderfinanzministerien sowie der Kommunen sitzen, gestern in Berlin. Dann wird der Schuldenberg mehr als 2000 Milliarden Euro betragen. Deutschland wird auch mindestens vier Jahre lang gegen den EU-Stabilitätspakt verstoßen. Erst 2013 soll die Neuverschuldung wieder unter die Maastricht-Defizitgrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sinken.

In den Haushalten von Bund, Ländern und Gemeinden klafft schon im laufenden Jahr eine Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben von 112,5 Milliarden Euro. Kommendes Jahr soll das Minus 132,5 Milliarden betragen und 2011 dann 109 Milliarden Euro. Im Jahr 2012 erwarten die Finanzexperten einen Finanzierungssaldo von minus 85,5 Milliarden und 2013 minus 69,5 Milliarden Euro. Zusammengenommen macht das rund 509 Milliarden Euro an frischen Krediten.

Die Prognose unterstellt, dass die beispiellose Rezession bald endet und die hiesige Wirtschaft nach einem Minus von 5,3 Prozent in diesem Jahr schon 2010 wieder um 1,2 Prozent wächst. Auch in den drei Folgejahren wird ein Wachstum von knapp über einem Prozent angenommen.

Die Schuldensumme könnte aber auch noch höher ausfallen, wenn Belastungen aus dem Bankenrettungsfonds sowie den Konjunkturpaketen zu Buche schlagen.

Deutschland wird damit wie fast alle EU-Länder infolge der Wirtschaftskrise zum Defizitsünder. Folge wird ein Verfahren der EU-Kommission auch gegen Deutschland sein, das aber weit besser dasteht als viele andere führende EU-Volkswirtschaften. Für dieses Jahr meldet Berlin eine Defizitquote von rund vier Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) an die EU-Kommission, für 2010 rund sechs Prozent.

Die Milliardendefizite machen auch die Einhaltung der kürzlich beschlossenen Schuldenbremse umso schwieriger. So muss allein der Bund bis 2013 insgesamt rund 35 Milliarden Euro einsparen, nur um den Kriterien der Schuldenbremse zu genügen. Gemäß der Schuldenbremse darf die Neuverschuldung des Bundes ab 2016 nur noch 0,35 Prozent des Bruttosozialproduktes betragen, die Länder dürfen ab 2020 gar keine neuen Schulden mehr machen. Überschuldeten Ländern soll bei der Konsolidierung aber geholfen werden.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte dazu, Bund, Länder und Gemeinden seien von der größten Wirtschaftskrise in der Geschichte der Republik gebeutelt. Der Wirtschaftseinbruch von minus sechs Prozent in diesem Jahr schlage auf alle Haushaltskennziffern durch. "Bund und Länder gehen auf der Einnahmeseite sehr schwierigen Zeiten entgegen", sagte er. Unmittelbar nach der Krise müsse der Staat mit dem Abbau der stark gestiegenen Verschuldung beginnen, dafür biete die neue Schuldenbremse "eine gute disziplinarische Grundlage".

Die Rekordschulden schlagen den Deutschen auf die Stimmung. Während nur noch 33 Prozent davon ausgehen, dass es wirtschaftlich wieder bergauf gehen wird, rechnen 43 Prozent mit einer Verschlechterung der Lage, wie das Forsa-Institut im Auftrag der Zeitschrift "stern" und des Senders RTL ermittelte. Den Umschwung brachte den Angaben zufolge Ende Juni die Nachricht von den neuen Milliardenkrediten für den Bundeshaushalt.