Er ist der letzte lebende Minister aus der Ära Konrad Adenauer. Mit seinem Rücktritt aus der Regierung Ludwig Erhards sorgte er auch für dessen Sturz.

Hamburg. Er war Außenminister und Vizekanzler unter Willy Brandt, zugleich FDP-Vorsitzender, und in der Zeit maßgeblich an den Verhandlungen über die Ostverträge beteiligt. Zum Abschluss einer bemerkenswerten politischen Karriere war er von 1974 bis 1979 das vierte Staatsoberhaupt der Bundesrepublik. Heute wird Altbundespräsident Walter Scheel 90 Jahre alt.

FDP-Chef Guido Westerwelle würdigte ihn als "historische Person mit einer beachtlichen Lebensleistung". Zu den Höhepunkten in der aktiven Politik gehörte Scheels Reise nach Israel als erster deutscher Außenminister. 1978 gab er bekannt, als Soldat 1942 in die NSDAP eingetreten zu sein, wobei die Mitgliedschaft kriegsbedingt geruht habe. Er verzichtete danach auf eine neue Kandidatur als Bundespräsident.

Natürlich verfolge er die heutige Politik noch, sagte Scheel kurz vor dem heutigen Ehrentag. Er stehe auch jüngeren Kollegen beratend zur Seite. Aber das Staatsoberhaupt a. D. stellt klar: "Ich habe meine Aufgabe gut gefunden und verspüre keine Lust, mich in die Tagespolitik einzumischen." Scheel, der gesundheitlich angeschlagen Anfang des Jahres von Berlin ins südbadische Bad Krozingen zog, will dort mit Freunden in Ruhe feiern. Sein neuer Heimatort wird ihn mit einem Volksfest ehren und Chöre auftreten lassen. Mit größter Wahrscheinlichkeit ist dann auch ein Lied wieder zu hören, mit dem Scheel 1974 die Charts stürmte. "Hoch auf dem gelben Wagen" holte Gold und Platin. "Gott sei Dank haben wir damals eine schöne Melodie gewählt, die ich auch nach 35 Jahren immer noch ausgesprochen gerne höre", sagt Scheel heute.