Bayerns Regierungschef pocht im Abendblatt auf “Vertragstreue“, auch Niedersachsen will für Finanzreform kämpfen.

Berlin

Mit scharfen Worten haben Ministerpräsidenten der Union den Vorstoß der SPD zurückgewiesen, die geplante Schuldenbremse zu lockern. "Bayern wird einer Entwertung der Schuldenbremse nicht zustimmen. Bayern erwartet hier Vertragstreue", sagte der bayerische Regierungschef und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer dem Hamburger Abendblatt. Eine effektive Schuldenbremse im Grundgesetz sei ein Meilenstein für eine zukunftsfeste und generationengerechte Finanzpolitik. "Es ist unverantwortlich, diesen Durchbruch der Föderalismuskommission jetzt kurz vor Schluss zu gefährden."

Bund und Länder hätten nach langen und schwierigen Verhandlungen ein Paket zur Finanzreform geschnürt, das von allen mitgetragen worden sei, betonte Seehofer. "Bayern und die anderen finanzstarken Länder unterstützen bis 2019 den Tilgungsfonds mit zusätzlichen Millionenbeträgen, wenn für alle Länder ein konsequentes Neuverschuldungsverbot gilt. Das eine kann es ohne das andere nicht geben. Das sind wir unseren Kindern und Enkeln schuldig."

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) warnte vor schwerwiegenden Folgen, sollte die unter Leitung von SPD-Fraktionschef Peter Struck und Baden-Württembergs Regierungschef Günther Oettinger (CDU) ausgehandelte Föderalismusreform II scheitern. "Die Konjunkturprogramme der Großen Koalition haben die Schuldenbremse als festen Bestandteil integriert nach dem Motto: Schulden in der Krise - langfristig mit dem Geld auskommen", sagte Wulff dem Abendblatt. "Wenn die von Struck und Oettinger vorgeschlagene Schuldenbremse an der SPD scheitert, würde der Marsch in den Schuldenstaat weitergehen." Im Übrigen brächte das arme Länder - ohne zusätzliche Hilfen - in die Zahlungsunfähigkeit. Der stellvertretende CDU-Vorsitzende bekräftigte: "Wir lassen Struck und Oettinger nicht hängen." Am Freitag soll der Bundesrat die wichtigste Grundgesetzänderung in dieser Wahlperiode beschließen. Fraglich ist, ob danach auch im Bundesrat die notwendige Zweidrittelmehrheit für die Föderalismusreform II zusammenkommt. Die SPD-Linke macht seit Wochen hinter den Kulissen Front gegen die Schuldenbremse, die den Ländern ab 2020 im Regelfall die Aufnahme neuer Kredite verbieten soll. Dem Bund wird dagegen ein Spielraum von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) zugestanden - das entspricht rund neun Milliarden Euro im Jahr.

Am Montag stellte sich die SPD-Spitze hinter einen Vorstoß Brandenburgs, auch den Ländern einen Spielraum von 0,15 Prozent des BIP zu lassen. Damit fällt die SPD zurück auf einen früheren Vorschlag aus dem Bundesfinanzministerium, der in der Föderalismuskommission keine Mehrheit gefunden hatte.

Die schleswig-holsteinische Landesregierung verwies darauf, dass die geplante Schuldenbremse auch Ausnahmen erlaube und daher keiner Lockerung bedürfe. In konjunkturell schwierigen Situationen und bei Katastrophen dürften die Länder Kredite aufnehmen, sagte Finanzminister Rainer Wiegard (CDU). In konjunkturellen Normallagen müssten dagegen "Rücklagen gebildet werden, um für schwierige Zeiten gewappnet zu sein und Schulden zurückzahlen zu können". Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) rief zur Rettung der Föderalismusreform II auf: "Wir haben ein überragendes Interesse daran, dass der Kompromiss gelingt."