Die Christsozialen werfen der CDU vor, jetzt Vorschläge zu kopieren, die sie einst ablehnte. Die verweist auf die Wirtschaftskrise.

Berlin. Den Auftakt hatte CSU-Wirtschaftsminister Michael Glos gemacht, als er sich in öffentlich darüber beklagte , wie wenig Rückhalt er von der Kanzlerin bekomme. Es folgte Erwin Huber, der sich am Freitag in der "Süddeutschen Zeitung" beschwerte, dass Angela Merkels CDU nun in jene Steuersenkungspläne einsteige, die er doch für die CSU entwickelt hatte. Hätten die CDU und Merkel diese früher unterstützt, "dann hätte uns das bei der Wahl geholfen" - so die Hauptkritik des Mannes, der nach der Landtagswahl nicht nur den Parteivorsitz, sondern auch sein Ministeramt verloren hat.

Schließlich Umweltminister Markus Söder, der keck behauptete, die Schwesterpartei habe das im Frühjahr präsentierte CSU-Steuersenkungskonzept nicht aus inhaltlichen, sondern aus nur taktischen Gründen abgelehnt. Und als Krönung dann am Freitag der neue CSU-Vorsitzende Horst Seehofer selbst, der ankündigte, auf dem CDU-Parteitag "Klartext" zu reden. Wenn die Schwesterpartei inzwischen auch die Steuern senken wolle, halte sich "die Freude in der CSU sehr in Grenzen", griff er CDU-Chefin Angela Merkel indirekt an.

Vorwürfe ohne Ende - doch in der CDU regt sich Widerstand. Der Finanzexperte Otto Bernhardt sagte dem Abendblatt: "Die CSU ist verstimmt. Aber die Kollegen müssen begreifen, dass die wirtschaftlichen Rahmendaten sich seitdem fundamental geändert haben. Während wir damals der Ansicht waren, dass die Haushaltskonsolidierung wichtiger ist als rasche Steuersenkungen, sind wir jetzt der Auffassung, dass alles getan werden muss, um die Rezession zu bekämpfen. Steuersenkungen werden mit Sicherheit dazu führen, dass die Leute einen Teil des gesparten Geldes sofort in den Konsum stecken. Das ist auch bitter nötig."

Der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Dirk Fischer, Mitglied des Fraktionsvorstandes der Union, sagte dem Abendblatt, er habe den Eindruck, dass sich der geschasste Parteichef Erwin Huber "aus Trauer über den Verlust seiner Ämter in eine Opferrolle begibt". "Das ist ein altbekanntes Phänomen, dass Politiker immer besonders schlau sind, nachdem sie abgewählt wurden."

Die CSU solle "nach vorne gucken und sich auf ihre Kernkompetenz konzentrieren, nämlich die Interessen Bayerns vertreten", sagte auch der Pinneberger CDU-Bundestagsabgeordnete Ole Schröder. Sprich: aufhören zu jammern.

Doch die CSU sieht sich von der Schwesterpartei gelinkt. Schließlich hatten die Christsozialen im Mai tatsächlich ein dezidiertes Steuersenkungsmodell vorgestellt, zu dessen Kernpunkten die Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale, aber auch eine Absenkung der Einkommenssteuer zählten. Mit der CDU war eine sofortige Umsetzung damals nicht zu machen. Jetzt, vor dem Bundesparteitag am 1. und 2. Dezember in Stuttgart, präsentiert diese jedoch ein eigenes Steuersparkonzept, mit dem der Wahlkampf 2009 bestritten werden soll.

CDU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach gab sich indes als Vermittler: Er sagte dem Abendblatt: "Ich kann verstehen, dass die CSU die Frage stellt, warum jetzt etwas möglich ist, was es vor einem halben Jahr noch nicht war, obwohl die Konjunktur seither eingebrochen ist. Aber die Union tut sich keinen Gefallen, wenn wir gegeneinander in Stellung gehen." Aus Bosbachs Sicht ist etwas anderes viel wichtiger: "Wir dürfen nicht nur über Steuerentlastungen reden, sondern müssen Initiativen starten, damit die Bürger das nicht als bloße Wahlversprechen abtun."