Die frühere schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) hat die Ablehnung der vier hessischen Abgeordneten, SPD-Landeschefin Andrea Ypsilanti zur Regierungschefin in Wiesbaden zu wählen, als „menschlich ekelig“ bezeichnet.

Hamburg. "Was die Genossen sich da erlaubt haben, ist unanständig und moralisch verwerflich", schrieb Simonis in einem Gastbeitrag für "abendblatt.de". Sie teile nun mit Ypsilanti die Erfahrung, dass Politik "ein brutales und manchmal auch ein schmutziges Geschäft" sei. "Jeder Sozialdemokrat kann natürlich sagen, ich bin gegen eine rot-grüne Minderheitsregierung, die von der Linkspartei toleriert wird. Aber alles mitzumachen, von den Koalitionsverhandlungen bis zu den Parteitagen, und dann im letzten Moment auszusteigen, das hat mit Politik nichts mehr zu tun", schrieb Simonis, die sich an ihre eigene gescheiterte Wiederwahl im März 2005 erinnert fühlt.

"Ich fand meine Situation damals beschissen ohne Ende. Andrea wird ähnlich fühlen. Und trotzdem muss frau erstmal weiter machen. Das ist alles andere als einfach, weil man die Blicke der politischen Gegner spürt, weil man in den Medien zur Deppin der Nation gemacht wird, weil man mit dem öffentlichen Hohn und Spott leben muss. Ich hoffe, dass Andrea möglichst viel davon erspart bleibt. Aber ohne Spießrutenlaufen wird es für sie nicht abgehen", prophezeite die ehemalige Politikerin, die auch auf die hessische SPD schwere Grabenkämpfe zukommen sieht: "Die werden sich in Hessen gegenseitig umbringen, zumal klar ist, wer Andrea verraten hat. In Kiel war die Lage noch angespannter."

Simonis bezeichnete es in "abendblatt.de" als "auffallend, dass zwei Frauen, die Ministerpräsidentin werden wollten oder es schon waren, so ausgebremst wurden". Natürlich würden in der Politik "ab und zu auch Männer gemeuchelt", aber bei Frauen seien "die Skrupel offenbar geringer, weil Politikerinnen in Deutschland nach wie vor nicht so ernst genommen werden".

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