Nirgendwo entstehen so viele neue Arbeitsplätze wie in Hamburg. “Von Krise keine Spur“, sagt ein Personalchef.

Hamburg/Berlin. Trotz der weltweiten Finanzkrise gibt es einen Lichtblick: Der Job-Boom in Deutschland hält unvermindert an. Die Zahl der Arbeitslosen war im Oktober so niedrig wie seit 16 Jahren nicht mehr. Laut Bundesagentur für Arbeit (BA) waren erstmals seit 1992 wieder weniger als drei Millionen Menschen arbeitslos: 2 997 000 Männer und Frauen (Quote: 7,2 Prozent), 84 000 weniger als im September und 437 000 weniger als vor einem Jahr.

Hamburg ist bundesweit an der Spitze der positiven Arbeitsmarkt-Entwicklung. Innerhalb eines Jahres "wurden 26 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen", sagte der Chef der BA-Region Nord, Jürgen Goecke. 70 700 Hamburger haben keinen Job, 8,1 Prozent weniger als vor einem Jahr (Quote: 7,9 Prozent). Der Harburger Ingenieurdienstleister Case4de zum Beispiel hat 2008 die Zahl der Mitarbeiter auf 80 verdoppelt. "Unsere Auftragsbücher sind voll, von Krise keine Spur", sagte Personalchef Necat Karaca.

Auch in Schleswig-Holstein sank die Arbeitslosenquote (jetzt 7,1 Prozent). Im Hamburger Umland gab es Top-Werte in Stormarn (3,9 Prozent), Bad Segeberg (4,8), Pinneberg (5,6) und Lauenburg (6,2). In Niedersachsen sank die Erwerbslosenquote von 7,2 auf 7,0 Prozent.

Unsicher ist allerdings, wie sich die Finanzkrise im kommenden Jahr auf die Arbeitsplätze auswirken wird. BA-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise rechnet damit, dass die Zahl der Erwerbslosen im Jahresdurchschnitt 2009 nur um 30 000 steigen wird. Zur Abwehr gegen den Abschwung will Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) einen "Schutzschirm für Arbeitsplätze" aufspannen. Ähnlich wie beim Rettungspaket für Banken sollen die Folgen von Finanzmarktkrise und Konjunkturflaute auf dem Stellenmarkt abgemildert werden. Scholz kündigte auch die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes von zwölf auf 18 Monate an.

Der FDP-Wirtschaftsexperte Rainer Brüderle kritisierte: "Das ist wie ein warmer Herbstregen vor einem kalten Winter." Der DGB erklärte, die neuen Zahlen seien wegen der "kreativen Buchführung" der BA nur auf den ersten Blick eine gute Nachricht. Mit den Zahlen werde getrickst. Notwendig seien höhere öffentliche Investitionen und höhere Sozialtransfers. Nach einer Studie des Instituts zur Zukunft der Arbeit ist Deutschland auf eine Abkühlung der Weltwirtschaft besser vorbereitet als die meisten europäischen Nachbarn.