Ob 15,5 oder 15,8 Prozent vom Gehalt: Für die meisten Versicherten wird der Gesundheitsfonds teuer. Am Dienstag entscheidet das Kabinett.

Berlin. Vier Tage lang haben die Vertreter von Bund und Kassen im Schätzerkreis beim Bundesversicherungsamt (BVA) beraten. Am späten Donnerstagabend konnten sie in Bonn dann nur unüberbrückbare Differenzen dokumentieren. BVA-Präsident Josef Hecken verteidigte das Mehrheitsvotum für 15,5 Prozent als "seriöse Orientierungshilfe". Die Kassen bestehen auf 15,8 Prozent. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) erhielt am Freitag aus der Unions-Fraktion Rückendeckung für ihre Einschätzung, 15,5 Prozent reichten für den am 1. Januar 2009 startenden Gesundheitsfonds aus.

Eine Vorentscheidung der Koalition wird am Sonntag erwartet. Zur Dämpfung der Mehrbelastungen werden weitere Steuerzuschüsse für die Krankenversicherung Langzeitarbeitsloser diskutiert. Das Kabinett will bereits am Dienstag über den ersten einheitlichen Beitragssatz in der Geschichte der Krankenversicherung entscheiden.

Der Streit mit den Kassen geht um drei Milliarden Euro. Wegen massiver Ausgabensteigerung für Kliniken und Ärzte könne die Versorgung ab dem Start des Gesundheitsfonds 2009 nur mit einem Satz von 15,8 Prozent verlässlich finanziert werden, teilte der Kassen-Spitzenverband mit.

Bereits in den kommenden Wochen soll der Durchschnittssatz auf die Rekordmarke von rund 15 Prozent steigen. Die Gesamteinnahmen der Versicherungen sollen um zehn auf mehr als 160 Milliarden Euro steigen.

Kommt der Einheitsbeitrag von 15,5 Prozent, müsste ein Arbeitnehmer mit einem Monatseinkommen von 1500 Euro ab dem Jahreswechsel 123 Euro monatlich für seine Krankenkasse zahlen. 246 Euro wären es bei einem monatlichen Bruttoeinkommen von 3000 Euro. Während damit die monatlichen Beiträge für einige Versicherte nur leicht steigen oder sogar geringfügig fallen, müssen vor allem Mitglieder von Krankenkassen, die bislang besonders günstige Beiträge anbieten, erheblich tiefer in die Tasche greifen.

Derzeit gibt es etwa 215 gesetzliche Krankenkassen, deren Beitragssätze zum Teil deutlich auseinanderklaffen. Ein Barmer-Versicherter mit einem Bruttoeinkommen von 1500 Euro zahlt derzeit 121,50 Euro im Monat, bei einem Verdienst von 3000 Euro sind es 243 Euro. Die Beitragssteigerungen ab Januar bleiben hier also mit 1,50 Euro beziehungsweise drei Euro vergleichsweise moderat.

Schärfer trifft die Reform zahlreiche Versicherte, deren Kasse bislang mit einem sehr günstigen Beitragssatz auf dem Markt ist. Versicherte der IKK Sachsen mit einem Bruttoeinkommen von 1500 Euro zahlen derzeit einen Monatsbeitrag von 102 Euro; bei einem Einkommen von 3000 Euro sind es 204 Euro. Diese Versicherten müssen künftig pro Monat 21 beziehungsweise 42 Euro mehr zahlen.

Die Versicherten einiger besonders teurer Kassen, deren Beitrag jetzt schon höher als 15,5 Prozent liegt, können bei der Einführung des Gesundheitsfonds dagegen sogar etwas sparen.

Von einem überstürzten Kassenwechsel raten Verbraucherexperten in jedem Fall ab. Denn erst ab kommendem Jahr zeigen, welche Kassen auch noch einen Zusatzbeitrag erheben. Den Beitrag darf eine Kasse verlangen, wenn sie mit dem Geld, das sie aus dem Gesundheitsfonds erhält, nicht auskommt.

Herbert Rebscher, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Angestellten-Krankenkasse, sagte der "Bild"-Zeitung, der Streit im Schätzerkreis über den Beitrag sei systembedingt: "Schon die erste Festsetzung zeigt, dass die Kassenfinanzen Spielball politischer Machtspiele werden." Arbeitgeberpräsident Hundt bezeichnete die höheren Beiträge als "Konsequenz einer vermurksten Gesundheitsreform und leichtfertiger politischer Versprechungen an Ärzte und Krankenhäuser".