70 Prozent vom letzten Gehalt - davon können Rentner nur träumen. Doch der Staat leidet unter den hohen Belastungen.

Berlin. Bei den Rentendebatten der vergangenen Wochen über die außerplanmäßige Anhebung um 1,1 Prozent sowie die zusätzliche Absicherung von Geringverdienern blieb ein Thema außen vor: Bei der Altersversorgung in Deutschland klafft eine Lücke zwischen verschiedenen Arten der Altersversorgung, über die bisher beharrlich geschwiegen wird. Die Bezahlung von Beamten im Ruhestand ist deutlich höher als die der Rentner. Laut Rentenversicherungsbericht standen Rentnern im Jahr 2002 im Schnitt monatlich 973 Euro zur Verfügung, den Pensionären 2665 Euro.

Mit der durchschnittlich deutlich höheren Qualifikation von Beamten allein lässt sich das nicht erklären: Pensionäre erhalten gut 71 Prozent vom Gehalt der letzten drei Jahre ihrer Berufstätigkeit, die Rente beträgt 48 Prozent des Durchschnittsgehalts des gesamten Berufslebens. Dabei kommen für die Pensionen allein die Steuerzahler auf: Die Finanzierung läuft ohne Versicherungskomponente, gerade mal 1,2 Prozent ihrer Einkünfte müssen Beamte fürs Alter abtreten.

Durch die Verbeamtungswellen der 60er- und 70er-Jahre kommen auf den Staat immense Kosten für die Ruheständler zu. Gab es 2005 noch rund 915 000 Versorgungsempfänger bei den Gebietskörperschaften, wird die Zahl bis 2050 auf etwa 1,6 Millionen anwachsen. 2002 zahlten Bund, Länder und Gemeinden für ihre Ruheständler inklusive derer der früheren Staatsunternehmen Bahn und Post 34 Milliarden Euro, wie dem "Dritten Versorgungsbericht der Bundesregierung" zu entnehmen ist. Diese Summe soll bis 2050 auf 91,5 Milliarden Euro anschwellen - ohne dass es entsprechende Mehreinnahmen gäbe.

"Zudem wurden von den Rentenreformen der vergangenen Jahre, also der sogenannten Riester-Treppe, dem Nachhaltigkeitsfaktor und der Rente mit 67, nur die Riester-Treppe auf Pensionäre übertragen", erläutert Olaf Weddige vom Forschungszentrum Generationenverträge der Universität Freiburg. Eine offensichtliche Ungleichbehandlung bei der Altersversorgung. Dennoch wird an dem System nicht gerüttelt. Der einzige Versuch, die künftigen Lasten zumindest nicht weiter anwachsen zu lassen, besteht darin, die Zahl der Beamten auf Sicht zu verringern. "Es scheint eine Tendenz zu geben, dass der Staat seltener verbeamtet.

Eindeutig ist das etwa bei der Bundesanstalt für Arbeit, die ihre Mitarbeiter vorwiegend anstellt", erläutert der Wissenschaftler. Denn dadurch, dass Angestellte bei fehlendem Bedarf relativ leicht gekündigt werden können, erreichen Bund, Länder und Gemeinden mehr Flexibilität. "Der Staat versucht sich auszurechnen, womit er günstiger fährt."

Ein Teil der Gelder, die Pensionäre gegenüber Rentnern mehr erhalten, sind aber schnell wieder ausgegeben: Ihre Einkünfte unterliegen voll der Einkommenssteuer, während Rentner nur die Hälfte versteuern müssen. Zudem müssen Pensionäre voll für ihre Krankenversicherung aufkommen - die Rentner nur zur Hälfte. Zugleich profitieren Letztere von der beitragsfreien Zusatzversicherung für Ehepartner und Kinder in der Ausbildung. Entsprechend betont Weddige: "Es handelt sich um zwei Systeme, die man gar nicht wirklich vergleichen kann." Schließlich seien Beamte eigentlich nicht versichert, sondern unterlägen dem Fürsorgeprinzip durch ihren Dienstherrn. Zugleich gehörten zu ihrem Sonderstatus auch besondere Pflichten: So könnte der Staat im Bedarfsfall seine Pensionäre wieder zurück in den aktiven Dienst versetzen - auch wenn das, so der Forscher, höchst selten vorkommt.