Gut 100 000 Quadratmeter Transparenz auf vier Hektar Fläche sollen es werden. Nicht abgeschottet vor der Öffentlichkeit, sondern mitten in Berlin entsteht die neue Zentrale des Bundesnachrichtendiensts (BND). Am Mittwoch wurde der Grundstein gelegt.

Berlin. Spätestens 2013 sollen unweit des Regierungsviertels rund 4000 Geheimdienstler ihre Erkenntnisse aus der weiten Welt sammeln, analysieren und für die politischen Entscheider aufbereiten. Kosten wird der Neubau mit seinen 100 000 Quadratmetern Nutzfläche rund 720 Millionen Euro. Einschließlich Technik und Umzugskosten werden etwa 1,5 Milliarden Euro veranschlagt.

Der 61-jährige BND-Präsident Ernst Uhrlau wird dann aus Altersgründen nicht mehr in die neue Zentrale einziehen. Er ist aber fest entschlossen, den ausschließlich für die Auslandsaufklärung zuständigen Dienst bis zum Umzug von Pullach bei München nach Berlin zu reformieren, transparenter und leistungsstärker zu machen. Geheimdienstkundige wollen wissen, dass Uhrlau dabei im eigenen Haus der Wind ins Gesicht bläst.

Nur mit viel Mühe und Not entging er erst kürzlich einer erzwungenen Pensionierung: Der BND hatte monatelang den afghanischen Handelsminister Amin Farhang über seinen Computer ausspioniert und dabei auch den E-Mail-Verkehr der mit dem Minister bekannten Spiegel- Journalistin Susanne Koelbl mitgelesen. "Der aktuellen Kritik stellen wir uns. (...) Ich werde daran arbeiten, dass das - auch durch mich - verloren gegangene Vertrauen in den Dienst wieder hergestellt wird", sagte Uhrlau bei dem Festakt.

Nach dem Vorfall mit dem afghanischen Minister und der Journalistin musste sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) offiziell entschuldigen - ein Armutszeugnis für den BND. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ erklären, ihr Vertrauen in den Chef ihres Auslandsgeheimdienstes sei "gestört". In seiner Funktion als oberster Koordinator für die Nachrichtendienste sagte Kanzleramtschef Thomas de Maizière, Konsequenzen - "auch schmerzliche" - seien gezogen worden. Das eingeleitete Reformwerk auf der "Baustelle BND" werde fortgesetzt.

Uhrlau - einstiger Geheimdienstkontrolleur im Kanzleramt - war schon sehr oft Zielscheibe heftiger Kritik. Bereits 2006 kam heraus, dass Journalisten mit Wissen der BND-Spitze jahrelang bespitzelt und teilweise angeworben wurden. Erst durch einen Erlass des Kanzleramts wurde diese Praxis gestoppt. Bereits mehrmals musste Uhrlau vor dem BND-Untersuchungsausschuss des Bundestags aussagen, um dubiose Aktivitäten seines Dienstes zu erklären. Dazu gehören Verhöre in einem Foltergefängnis in Syrien ebenso wie die Vernehmung des in Bremen lebenden Türken Murat Kurnaz, der mehr als vier Jahre im US- Gefangenenlager Guantanamo wegen des Verdachts der Unterstützung von Terroristen festgehalten wurde.

Auf der Gehaltsliste des BND befindet sich kein "Geheimagent 007", der mit teuren Autos schöne Frauen verführt. In Berlins Mitte werden Spezialisten arbeiten, die sich mit Computern auskennen, exotische Sprachen und deren Dialekte sprechen, internationale Finanzströme beobachten, oder die in der Welt des Terrorismus und der Drogenkriminalität kundig sind. Ganz früher, in den Zeiten des Kalten Krieges, galt das Hauptanliegen des BND der DDR und der damaligen Sowjetunion.

Die Frage, welches Gewicht geheimdienstliche Erkenntnisse für politische Entscheidungen haben, wurde von den deutschen Regierungschefs seit Ende des Zweiten Weltkriegs sehr unterschiedlich beantwortet. Dazu trugen auch Fehleinschätzungen und schlichtes Nicht-Wissen bei: Nicht nur der amerikanische CIA, auch der BND und andere westliche Dienste hatten Ende der 80er Jahre eine Ahnung vom bevorstehenden Kollaps der Sowjetunion, kein Dienst hatte aktuelle Hinweise auf die Terroranschläge des 11. September 2001.

Unverzichtbar sei der Auslandsdienst für die Sicherheits- und Außenpolitik Deutschlands, sagte de Maizière jetzt. Transparenz und Effizienz soll dabei im Mittelpunkt stehen - in der neuen Zentrale soll dies umgesetzt werden.