Die frühere Unicef-Vorsitzende hat zugegeben, von denunzierenden Briefen ihres Büroleiters gewusst zu haben.

Berlin. Der Rücktritt von Heide Simonis als Vorsitzende der deutschen Unicef hat offenbar andere Hintergründe als bisher bekannt. Die frühere schleswig-holsteinische SPD-Ministerpräsidentin hatte ihren Rückzug bis dato mit dem mangelnden Reformwillen der Organisation und dem schlechten Management von Unicef-Geschäftsführer Dietrich Garlichs begründet.

Doch wie "stern.de" gestern berichtete, sollen die Aktivitäten ihres Büroleiters Matthias Beigel der eigentliche Grund für ihren Rücktritt gewesen sein, der damit einen weniger freiwilligen Charakter bekommt. Beigel hat offenbar bereits im Frühjahr 2007 versucht, Unicef-Mitarbeiter zur Beobachtung ihres Geschäftsführers Dietrich Garlichs zu bewegen.

Laut einer Notiz, die ein leitender Unicef-Angestellter verfasst hat und die dem "Stern" vorliegt, habe Beigel diesen Angestellten aufgefordert, "von wichtigen im Hause stattfindenden Gesprächen Aktennotizen zu fertigen, insbesondere von Gesprächen mit Herrn Garlichs". Auf Nachfrage dieses Mitarbeiters habe Beigel gesagt, "dass er eine solche Aufforderung nicht ohne Rückendeckung von Frau Simonis aussprechen würde". Diese Behauptung sei falsch, sagte Beigel jetzt. "Eine unmittelbare oder mittelbare Aufforderung meinerseits hat es nie gegeben."

Dennoch kam es am zweiten Februar in der Unicef-Vorstandssitzung zum Eklat, als Garlichs die Notiz verlas und Simonis damit konfrontierte. "Da muss ich jetzt erst mal Luft holen und bis zehn zählen", soll Heide Simonis gesagt haben. Sie behauptete, diesen Auftrag habe sie nie gegeben. Gegenüber dem "Stern" bleibt sie bei dieser Darstellung. Auch von einem Brief Beigels an die Kölner Polizei, den Garlichs ebenfalls erwähnte, wollte sie in der Sitzung nichts gewusst haben.

Inzwischen hat Simonis zugegeben, von mindestens einem dieser denunzierenden Briefe Kenntnis gehabt zu haben. Dem "Stern" gegenüber reduzierte sie das wiederum: "Es war nur eine halbseitige Aktennotiz, die mir Beigel am Telefon vorgelesen hat." Beigel war wegen seiner Briefe an die Polizei, die er unter dem Briefkopf "Deutsches Komitee für Unicef - Persönliches Büro Heide Simonis" verfasste, bereits in die Kritik geraten. Die Schreiben enthalten schwere Vorwürfe gegenüber Garlichs, auch Details über sein Privatleben sollen dort ausgebreitet worden sein.

Reinhard Schlagintweit, seit Simonis' Rücktritt Interims-Vorsitzender von Unicef-Deutschland, wollte sich auf Abendblatt-Anfrage gestern nicht zu dem Bericht äußern.

Unicef Deutschland wird die Verschleuderung von Spenden vorgeworfen, besonders wegen überhöhter Honorare für Spendenwerber. Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) hat der Organisation inzwischen das Spendensiegel entzogen. Dietrich Garlichs ist seit dem 14. Februar nicht mehr Geschäftsführer. Die Organisation bemüht sich seit Wochen, ihren guten Ruf wiederherzustellen. Seit November hat sie 28 000 ihrer bisher 200 000 Dauerspender verloren.