Hamburg. Viagra per Post wird immer beliebter: Die Potenzpille hat durch die leichte Bestellung im Internet und den diskreten Versand neue Freunde gefunden. Auch unter den gewerbsmäßigen Betrügern. Bei einem Testkauf in zehn ausländischen Internet-Versandhäusern hat das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) bei 60 Prozent der Pillen Fälschungen festgestellt. Sie enthielten nur etwa die Hälfte des Wirkstoffs.

"Verbraucher, die im Internet verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne Rezept kaufen, spielen mit ihrer Gesundheit", warnte ZL-Chef Manfred Schubert-Zsilavecz. Und mit der wachsenden Zahl der Pillen per Mausklick steigen auch die Betrügereien. Die EU-Kommission hat den Arzneimittelhandel über das Internet ins Visier genommen, das Bundeskartellamt beäugt den Markt. Das Bundeskriminalamt hat eine erste Studie erstellt, die verklausuliert eine einfache Botschaft enthält: Die Dunkelziffern in der Statistik beim Arzneimittelbetrug sind riesig, kaum einer durchschaut den Nepp, die Strafen sind gering. Und: Dabei geht es doch um die Gesundheit.

In Hamburg veranstaltet die Techniker Krankenkasse morgen einen Kongress zum Thema "Tatort Gesundheitswesen". Neben den Kassenvertretern und Juristen haben Nichtregierungs-Organisationen wie Transparency International, Staatsanwälte und Ermittler das Wort. Die Tagung soll Licht bringen in einen Graumarkt, der nach Schätzungen im deutschen Gesundheitswesen jedes Jahr für einen zweistelligen Milliardenbetrag an Schaden sorgt.

Das mag zulasten der Allgemeinheit gehen - doch bei den Tabletten im Internet-Bezug trifft es den einzelnen Schlucker direkt. "Mit gefälschten Arzneien kann man sich schnell vergiften", sagte der Sprecher der Apothekervereinigung ABDA, Thomas Bellartz, dem Abendblatt. Im Falle Viagra würden die Kunden bei zu niedrigen Dosierungen eine zweite Pille hinterherwerfen und schwere gesundheitliche Schäden riskieren. Viagra und das Haarwuchsmittel Propecia sind Arzneien, für die Kunden ungern zum Arzt gehen. ABDA-Sprecher Bellartz sagte: "Dafür zahlen sie sogar einen höheren Preis, weil der Leidensdruck so groß ist."