Emnid-Chef: So könnte der Richtungsstreit in der Partei einfach beigelegt werden und sie unschlagbar machen.

Analyse

Nur nach außen wirkt die CDU noch relativ gelassen. Doch spätestens nach den Wahlschlappen in Hessen und Verlusten in Niedersachsen herrscht hinter den Kulissen große Unruhe über den richtigen Kurs: Nach links rucken oder zurück zur Wirtschaft? Auf die Zukunftsängste der Deutschen reagieren oder auf ökonomische Erfolge verweisen? Die CDU war nie unentschlossener über ihre strategische Ausrichtung.

Lässt man die CDU-Wähler über den zukünftigen Kurs ihrer Partei abstimmen, wird man auch nicht schlauer: 46 Prozent sind für die Schärfung des Sozial-, 47 Prozent dagegen für die Stärkung des Wirtschaftsprofils. Wie immer die CDU sich positioniert, die Hälfte ist dagegen.

Die seltsam gespaltene CDU ist trotz ihres Vorsprungs gegenüber der SPD in keiner komfortablen Lage: Nur 35 Prozent würden heute noch die Union wählen, 13 Prozentpunkte weniger als vor fünf Jahren, ein wesentlicher Grund für ihren Verlust bei den Landtagswahlen. Trotz Aufschwung, weniger Arbeitslosen und geringerer Neuverschuldung ist jeder vierte ihrer Wähler von 2005 inzwischen abgesprungen. Zehn Prozent aus Verärgerung über den Sozialruck zur FDP, acht Prozent aber auch zur SPD oder den Linken. In Ostdeutschland ist die CDU mit 26 Prozent nur noch drittstärkste Kraft.

Ihr Hauptproblem: Sie hat ihr Renommee als Wirtschaftspartei gleich doppelt verloren: Bei der Wirtschaft, deren Chefetagen hinter beinahe jeder Regierungsentscheidung eine sozialdemokratische Handschrift vermuten. Und bei den Beschäftigten: Nur noch 30 Prozent von ihnen sind CDU-Wähler, unter den Beschäftigungslosen immerhin 40 Prozent. Nirgendwo ist der CDU-Zuspruch geringer als bei den in großer beruflicher Unsicherheit lebenden 45- bis 59-Jährigen.

Zwar gilt die CDU weithin als die bessere Wirtschaftspartei, nur macht sie für die Unternehmer zu wenig Gebrauch davon, während die Arbeitnehmer den zu geringen Nutzen kritisieren: Nie zuvor war die Diskrepanz zwischen der allgemeinen Wirtschaftslage und der eigenen Finanzlage größer. Ein Aufschwung, der weder zu mehr Barem noch zu sichereren Arbeitsplätzen führt, ist ein Aufschwung ohne Wert. Die Wirtschaft hat sich nach Meinung auch der CDU-Wähler von den Beschäftigten entsolidarisiert. Und genau dafür wird die CDU derzeit in Haftung genommen!

Über die Rückkehr auf die Erfolgsspur entscheidet also nicht die Ausrichtung, ob eher sozial oder ökonomisch: Sie muss es vielmehr schaffen, anstelle dieser Entsolidarisierung eine "Verbrüderung" zwischen Arbeit und Kapital herzustellen. Den Unternehmen klarmachen, dass nicht Gewinnmaximierung, sondern -optimierung, also auch die Übernahme sozialer Verantwortung von ihnen erwartet wird. Die CDU wird unschlagbar, wenn sie es schafft, Unternehmer und Beschäftigte wieder gemeinsam am Erfolg zu beteiligen. Wenn das Prinzip des "ehrbaren Kaufmanns" wieder die Oberhand gewinnt. Und gute Wirtschaftspolitik sich wieder im Portemonnaie der Bürger bemerkbar macht.

Die Lösung des CDU-Richtungsstreits ist also ganz einfach: Die CDU muss eine sozial-konservativ ausgerichtete Partei werden. Sie muss skeptisch gegenüber staatlichem Handeln bleiben, andererseits aber auch nicht ausschließlich auf den Markt setzen.

Sie muss ein "Menschenversteher" werden und den Bürgern in Zeiten großer Veränderung Mitgefühl geben. Und durch ein "Wir brauchen dich" Integration in die Gesellschaft ermöglichen statt nur eine Sozialversorgung.