BERLIN. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hat den Beschäftigten im öffentlichen Dienst Lohnzuwächse in Aussicht gestellt. "Die Lohnquote ist auf einem historisch niedrigen Niveau, während die Gewinnquote sehr hoch ist. Das bedeutet, dass die Arbeitnehmer mehr teilhaben müssen", sagte er gestern in der ARD. Steinbrück wies darauf hin, dass sich die Entwicklung der Reallöhne in Deutschland auf dem Stand von 1991 befinde.

Unterstützung erhielt der öffentliche Dienst auch von dem Wirtschaftsweisen Peter Bofinger. "Wenn der Aufschwung bleiben soll, müssen die Löhne wieder spürbar steigen", sagte er dem Berliner "Tagesspiegel". Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sprach sich dafür aus, die Arbeitnehmer fair an den Produktivitätszuwächsen zu beteiligen.

Gestern begannen die Tarifverhandlungen für die 1,3 Millionen Angestellten im öffentlichen Dienst von Bund und Gemeinden in Potsdam. Die Gewerkschaft Ver.di und der Deutsche Beamtenbund (dbb) gingen mit der höchsten Tarifforderung seit 15 Jahren in die Gespräche: Um acht Prozent sollten die Einkommen steigen, mindestens aber um 200 Euro monatlich.

Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) wies die Forderungen als "nicht verhandlungsfähig" zurück. Die Arbeitgeber würden erst ein Angebot machen, wenn es verhandlungsfähige Forderungen gebe, sagte Schäuble als Verhandlungsführer des Bundes. Die Vorstellungen der Gewerkschaften lägen jenseits dessen, was die wirtschaftliche Entwicklung und die Haushaltslage von Bund und Kommunen erlaube. Natürlich sollten auch die Arbeitnehmer teilhaben, die Forderungen müssten aber im Rahmen bleiben.

Gerd Landsberg, Geschäftsfürer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, sagte der "Bild", ein hoher Tarifabschluss würde den Druck zum Personalabbau verstärken. Viele Städte seien nicht in der Lage, acht Prozent mehr zu zahlen, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Stephan Articus, im Deutschlandradio Kultur. Ver.di-Chef Frank Bsirske sagte der ARD: "Die Steuereinnahmen sprudeln. Jetzt sind die Beschäftigten dran, auch teilzuhaben an der allgemeinen Einkommensentwicklung, damit der Rückstand der Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst auf die Privatwirtschaft nicht noch weiter zunimmt." Der Chef der dbb Tarifunion, Frank Stöhr, sagte: "Nach drei Jahren ohne lineare Erhöhung ist unsere Forderung nach acht Prozent Gehaltssteigerung ausgesprochen bescheiden." Er drohte erneut mit Streiks.