Er trägt sie beim Beten und bei speziellen Anlässen auch zur Uniform. Auf der Straße jedoch zieht Generalstabsoffizier Gideon Römer-Hillebrecht über seine Kippa noch eine Mütze. Aus Sicherheitsgründen.

Berlin. Er trägt sie beim Beten und bei speziellen Anlässen auch zur Uniform. Auf der Straße jedoch zieht Generalstabsoffizier Gideon Römer-Hillebrecht über seine Kippa noch eine Mütze. Aus Sicherheitsgründen. "Mittlerweile habe ich Angst, als Jude identifiziert zu werden", sagt der 42-Jährige. Für viele Juden noch immer kaum nachvollziehbar, dient er in den deutschen Streitkräften. In ihren Reihen kann er sich heute geschützter fühlen als "draußen". Jegliche antisemitischen Ansätze versucht die Bundeswehr im Keim zu ersticken. Für Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan sind jüdische Soldaten in seiner Armee ein hoffnungsvolles Signal. Für ihn bedeutet das auch: "Von deutschen Uniformen geht kein Schrecken mehr aus."

Ohne große Öffentlichkeit gründeten wenige Soldaten vor gut einem Jahr den Bund jüdischer Soldaten (BjS) - 68 Jahre nach der Pogromnacht und der von den Nationalsozialisten erzwungenen Auflösung des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten (RjF). Der neue Bund sei "ein zartes Pflänzchen", sagt dessen Vorsitzender Michael Berger. Die Resonanz sei positiv - abgesehen von rechtsextremistischen Verunglimpfungen in Internet-Foren.

Im Ersten Weltkrieg zogen 100 000 Juden für Deutschland in den Kampf. Tausende wurden ausgezeichnet, 12 000 verloren ihr Leben. "Die Nazis haben versucht, die Erinnerung an jüdische Soldaten komplett zu löschen", sagt Berger. Sie hätten deren Leistungen geleugnet, Namen von Ehrenmalen entfernt und das Bild vom "jüdischen Drückeberger" gezeichnet. Heute sei den Rechten alles "ein Dorn im Auge", was die "geschändete Ehre der jüdischen Soldaten" wiederherstellen könnte.

Der BjS wolle das Andenken an jüdische Soldaten in deutschen Armeen wachhalten und pflegen, sagt Berger, Autor des Buches "Eisernes Kreuz und Davidstern".

Grundsätzlich gilt, dass junge Juden als Nachfahren von Verfolgten des Naziregimes bis in die dritte Generation nicht zum Wehrdienst verpflichtet werden. Und gegen seinen Willen wird kein Jude eingezogen. Als erster Jude trat 1966 Michael Fürst in die Bundeswehr ein. Heute sind unter den insgesamt 250 000 Bundeswehrsoldaten schätzungsweise 200 Juden. Die Zahl der Muslime und Buddhisten dürfte deutlich darüber liegen - es werden aber keine Statistiken über die Religionszugehörigkeit der Soldaten geführt.

Römer Hillebrecht sagt, jüdische Bundeswehrangehörige fühlten sich oftmals noch "zwischen den Stühlen". Das liege nicht an der Bundeswehr. "Es gibt durchweg Bereitschaft, auf jüdische Kameraden zuzugehen." Diese hätten auch eine "gewisse Bringschuld", über ihre Speisegesetze oder das Arbeitsverbot am Sabbat zu informieren. Berger weiß, viele Juden könnten zwar "verstandesmäßig, aber nicht unbedingt emotional erfassen", dass die Bundeswehr als Armee der Demokratie nicht mit der Wehrmacht der Nazis gleichzusetzen ist.

Die Bundeswehr hat Kasernen nach jüdischen Offizieren benannt, um so an ihr Schicksal zu erinnern. Zum Beispiel an den Offizier der Königlich Preußischen Garde, Julius Schoeps. Im Ersten Weltkrieg versorgte der Arzt verwundete Soldaten. 1942 deportierten ihn die Nazis in das Getto Theresienstadt, wo er wenig später starb - an einer nicht behandelten Krankheit.