BERLIN. Die Bundesregierung will den Kampf gegen erzwungene Eheschließungen unter Ausländern zu einem zentralen Bestandteil ihrer Integrationspolitik machen. "Wir brauchen mehr Aufklärung sowohl für die Betroffenen und ihre Angehörigen als auch für diejenigen, die Zwangsverheiratungen durch frühzeitiges Einschreiten verhindern können", sagte die Migrationsbeauftragte Maria Böhmer (CDU) gestern in Berlin bei der Vorstellung eines wissenschaftlichen Sammelbandes zu dem Thema. Neben einer besseren Prävention in Beratungsstellen und Schulen soll eine engere Zusammenarbeit mit Migranten-Organisationen dazu beitragen, das "Menschenrecht auf freie Partnerwahl" zu sichern.

Zwangsverheiratungen stellten eine schwerwiegende Verletzung der Grundrechte dar, erklärte der parlamentarische Staatssekretär im Familienministerium, Hermann Kues (CDU). Er betonte aber auch, dass "diese Form von Gewalt" nicht an die islamische Religion und Kultur gebunden sei. "Grund sind vielmehr patriarchale Strukturen." Kernaufgabe der Integrationspolitik müsse es daher sein, das Selbstbewusstsein und die Rechte der Betroffenen zu stärken.

"Wir müssen deutlich machen, dass bei Zwangsverheiratungen eine Grenze überschritten wird", sagte Böhmer. Dabei gelte es, insbesondere Lehrer und Migrantengruppen für das Thema zu sensibilisieren. Geplant ist außerdem der Aufbau einer anonymen Online-Beratung in Berlin, Hannover und Stuttgart.

Der Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Heiner Bielefeldt, kritisierte, dass ausländische Frauen, die wegen einer Zwangsehe aus Deutschland verschleppt würden, kein Rückkehrrecht hätten. "Das ist eine große Schwachstelle."