AKW Brunsbüttel schon wieder heruntergefahren. Aufsichtsbehörde veröffentlicht Mängelbericht im Internet.

BERLIN/KIEL. Die Zwischenfälle in den Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel haben gestern den Europa-Chef von Vattenfall, Klaus Rauscher, den Job gekostet. Rauscher sagte, es seien Fehler gemacht worden, für die er die Verantwortung zu tragen habe. Es sei nicht zu verkennen, dass die Vorfälle der vergangenen Wochen dem Ansehen des Unternehmens geschadet hätten. Vattenfall-Präsident Lars G. Josefsson nahm den Rücktritt Rauschers an und sagte: "Die kommenden Monate werden im Zeichen eines Neuanfangs stehen. Wir müssen uns in Offenheit üben."

Rauschers Aufgaben soll vorübergehend Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Cramer übernehmen. Erst am Montag hatte Vattenfall den Geschäftsführer der Atomsparte, Bruno Thomauske, entlassen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geißelte die Informationspolitik des Unternehmens als "nicht akzeptabel". Deshalb halte sich ihr Mitleid in Grenzen, sagte die Kanzlerin auf ihrer Bilanzpressekonferenz in Berlin. Die CDU halte die friedliche Nutzung von Atomenergie aber für verantwortlich.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) lobte Rauschers Schritt, sagte jedoch auch: "Es hat aber wenig Sinn, nur Personen an der Spitze auszutauschen. Notwendig ist eine komplette Sachverhalts-Aufklärung und vor allem eine Änderung der Sicherheitskultur." Gabriel wies indirekt erneut die Forderung Vattenfalls und anderer Kraftwerksbetreiber zurück, die Laufzeiten alter Atommeiler - darunter Brunsbüttel - zulasten jüngerer zu verlängern. Er pocht auf den im Atomgesetz vorgesehenen gegenteiligen Weg, alte Werke früher abzuschalten und dafür moderne länger laufen zu lassen.

Den Reaktor in Brunsbüttel musste Vattenfall zum dritten Mal innerhalb von drei Wochen unplanmäßig herunterfahren. In den Ölkreisläufen waren auffällige Werte entdeckt worden. Der Vorfall sei aber nicht meldepflichtig, teilte der Konzern mit. Man habe der Atomaufsicht in Kiel dennoch Bescheid gegeben.

Unterdessen präsentierte gestern das für die Atomaufsicht zuständige schleswig-holsteinische Sozialministerium die Mängelliste aus der Periodischen Sicherheitsüberprüfung für das Kernkraftwerk Brunsbüttel. Dort sind 185 größere Schwachpunkte aufgelistet. Betreiber Vattenfall, der sich gegen eine Veröffentlichung der Liste gewehrt hatte, bezeichnete diese als veraltet. Inzwischen habe das Unternehmen die geforderten Nachweise geliefert.

"Für über 100 dieser Punkte liegen abgeschlossene, positive Prüfergebnisse der Gutachter vor", erklärte auch Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD). "Die übrigen Punkte befinden sich im laufenden Begutachtungsverfahren." Die Gutachten sollten bis Ende September abgeschlossen sein, das gesamte Verfahren bis Ende des Jahres.