Hamburg/Washington. US-Präsident George W. Bush sieht sich in Sachen Irak zunehmend einem politischen Zweifrontenkrieg ausgesetzt. Während seinen Bemühungen, außer dem britischen Premier Tony Blair international noch weitere Alliierte für seinen Feldzug gegen Saddam Hussein zu finden, bisher kein Erfolg beschieden war, wächst der Widerstand auch in Amerika selbst. Und der Ton wird immer rauer. Sein Amtsvorgänger Jimmy Carter, 1977 bis 1981 Präsident der USA, lehnte die "kriegerischen Stimmen" in der gegenwärtigen US-Administration scharf ab. In einer Art Generalabrechnung prangerte Carter in der "Washington Post" die zunehmende außenpolitische Rücksichtslosigkeit seines Nachfolgers an, der von "einem harten Kern von Konservativen" umgeben sei, die lang gehegte Pläne unter dem Deckmantel der Terrorabwehr realisieren wollten. US-Kongressmitglieder beider Parteien warfen Bush vor, er habe bislang kaum überzeugende Argumente für einen Militäreinsatz geliefert. Damit nicht genug: Der frühere US-Justizminister Ramsey Clark will sich am 26. Oktober an die Spitze von Großdemonstrationen gegen die Irak-Politik der Regierung stellen. Die Zustimmung für Bush in den USA ging derweil weiter auf 60 Prozent zurück; im Januar waren es noch 80 Prozent gewesen. Auch das Verhältnis zu Deutschland trübte sich wegen Irak weiter ein. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte in der "New York Times", die von Irak ausgehenden Gefahren würden von einigen zwar unterschätzt, von anderen wie der Bush-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice aber überschätzt. Ein Krieg gegen Irak würde alles gefährden, was bislang im Kampf gegen das Terrornetzwerk Al Kaida erreicht worden sei, sagte Schröder dem US-Blatt. Die NATO in Brüssel stellte klar, eine Beteiligung an einem Präventivangriff auf Irak sei völlig ausgeschlossen: Angriffskriege liefen den Gründungsprinzipien der Allianz zuwider. Der neuseeländische Außenminister Phil Geoff sagte, ein Irak-Einsatz ohne UNO-Mandat komme überhaupt nicht in Frage. Und der australische Premier John Howard nahm gar kein Blatt mehr vor den Mund. Australien werde "nicht automatisch die Hacken zusammenknallen und den Amerikanern folgen", knurrte er. Ankara verstärkte ebenfalls die Kritik an Washington. Der türkische Außenminister Sükrü Sina Gürel warnte, ein Krieg gegen Bagdad werde "die ganze Region ins Chaos stürzen". Tony Blair, der als Einziger Bush bislang rückhaltlos unterstützt, gerät nun daheim unter Druck. Nach dem konservativen Parteichef Iain Duncan Smith verlangte nun auch der Vorsitzende der Liberaldemokraten, Charles Kennedy, eine Sondersitzung des Parlaments, um die britische Haltung zu klären. 71 Prozent der Briten sind gegen einen Kriegseinsatz. Der Londoner Kardinal Cormac Murphy-O'Connor sagte, ein Irak-Einsatz werde die ganze arabische Welt gegen den Westen mobilisieren. Der katholische Bischof Thomas McMahon nannte einen Militärschlag gar "böse".