Abschied: Der Grüne verläßt seine Fraktion. Vom Öko-Rebellen wandelte er sich zum seriösen Außenminister und beliebtesten deutschen Politiker.

Berlin. Ein Geschenk soll es geben, ein paar kurze Reden, schließlich Champagner. Und dann soll es vorbei sein. Ganz unspektakulär, ohne Pomp oder rauschende Fete will sich heute nachmittag Joschka Fischer von der Grünen-Bundestagsfraktion verabschieden. Es werde ein Abschied "in Würde - kein großkotziger Abschied", sagte Grünen-Chefin Claudia Roth. Noch im Sommer wird Fischer sein Bundestagsmandat niederlegen. Dann ist sie wohl vorbei, eine der spektakulärsten Politkarrieren der bundesdeutschen Geschichte.

Arbeitslos wird der inzwischen 58jährige Joschka Fischer gleichwohl nicht. Der Ex-Sponti, Ex-Taxifahrer, Ex-Bundesaußenminister und Autodidakt ohne Hochschulabschluß wird im Herbst Gastprofessor an der US-Eliteuniversität Princeton.

Für die Grünen beginnt damit endgültig die Nach-Fischer-Ära. Es gab Jahre, da konnte man sich die Grünen ohne Fischer nicht vorstellen. Ausgerechnet die scheinbar so basisdemokratische Partei ließ sich vom wortgewaltigen Machtmenschen und Macho Fischer beherrschen, obwohl dieser offiziell nicht einmal ein Parteiamt bekleidete. Er galt trotzdem lange Jahre als ihr "heimlicher Vorsitzender".

Fischers Faszinationskraft, seine rhetorische Urgewalt und sein unbändiger politischer Kampfgeist zeigten schon früh Wirkung und ließen ihn rasch zu einem Star werden. Seine politische Heimat hatte er Ende der 70er Jahre bei den Grünen gefunden, die damals als Öko-und Anti-Atomkraft-Bewegung sowie als neue Heimstatt versprengter Linker auf der bundesdeutschen Bühne auftauchte.

Fischer machte Furore als politischer Selfmademan. Das Gymnasium in Stuttgart hatte der 1948 geborene Metzgersohn nach der 10. Klasse verlassen, eine Fotografenlehre abgebrochen. In Frankfurt war er als militanter Radaubruder bei Demonstrationen und Straßenschlachten dabei. Diese Vergangenheit holte ihn 2001 wieder ein und brachte ihn als Vizekanzler und Bundesaußenminister gewaltig unter Druck. Doch Fischer bewies sich einmal mehr als Steher und als Kämpfer.

Ausgestattet mit solchen Qualitäten und großem politischen Talent hatte es Fischer 1983 in den Bundestag geschafft. 1985 wurde er als erster Grüner in ein Regierungsamt gewählt. Er wurde in Hessen Umweltminister, kam zur Vereidigung in Turnschuhen, was in bürgerlichen Kreisen als unerhört galt. In den 90er Jahren trieb er seine Grünen zur Regierungsfähigkeit, avancierte nach dem Regierungswechsel 1998 als Bundesaußenminister zum Star auf internatonalem Parkett mit grandiosen Popularitätswerten auch in Deutschland. Daß Fischer loslassen könnte und sich zurückziehen würde, hatte nach der Bundestagswahl 2005 kaum einer erwartet. Nun beweist er es, tauscht, wie er mal sagte, Macht gegen Freiheit. Ob der Rückzug aus der aktiven Politik endgültig ist? Grünen-Chefin Roth meinte gestern jedenfalls: "Die Welt kann es sich eigentlich gar nicht leisten, auf so ein politisches Schwergewicht zu verzichten."