Berlin. Fackelträger und Trommler vor dem Reichstag - für die einen ein bewegender historischer Moment, für andere ein gruseliges Bild. Während sich Soldaten des Wachbataillons des Verteidigungsministeriums und zweier Musikkorps der Bundeswehr stolz zum Großen Zapfenstreich auf dem Platz der Republik aufreihten, kamen etwa 1200 Mitglieder linker Gruppierungen zum Protestmarsch zusammen. Begegnet sind sich Soldaten und Demonstranten nicht. Denn gestern abend in Berlin schützten 2000 Polizisten und Feldjäger die Bundeswehr.

Die deutschen Streitkräfte sind in diesem Jahr 50 Jahre alt geworden und feiern ihre Geschichte unter dem Motto "50 Jahre entschieden für Frieden". Gestern würdigten der Bundestag und die Nato vor rund 500 Gästen die Leistungen von Luftwaffe, Heer und Marine. Dabei nutzte Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer die Gelegenheit, sein großes Lob mit der Aufforderung zu noch mehr Engagement im Ausland zu verbinden, wo die Bundeswehr überwiegend hohe Anerkennung genießt. "Auch im Zeitalter des Terrorismus bleiben Nato und Bundeswehr aufeinander angewiesen", sagte der Generalsekretär.

Das war seine Antwort auf die Mahnung des scheidenden Verteidigungsministers Peter Struck (SPD) aus der vorigen Woche, wonach Deutschland seine Auslandseinsätze eindämmen müsse, weil die Grenzen der Belastbarkeit der Bundeswehr erreicht seien. Dem Vernehmen nach traf sich de Hoop Scheffer gestern bereits mit dem designierten Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU). Vor der Bundeswehr zog de Hoop Scheffer verbal den Hut.

Der neue Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) wollte zwar, wie er sagte, die Feierstimmung nicht gefährden, beschrieb dennoch scharf die Finanznöte der Bundeswehr. Dies konnte als Mahnung an Union und SPD verstanden werden, die Bundeswehr in einer großen Koalition von weiteren Kürzungen zu verschonen.

Die Bundeswehr bedankte sich für die Würdigung mit der größten Ehre, die das deutsche Militär jemandem erweisen kann: mit dem Großen Zapfenstreich. Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik ist diese preußische Tradition vor dem Bundestag aufgeführt worden. Parlament und Armee wollten damit die demokratische Legitimierung jeglicher Einsätze der Soldaten - gerade bei schwierigen Krisenmissionen im Ausland - unterstreichen.

Die scharfe Kritik der Linken können viele Abgeordnete und Offiziere nicht nachvollziehen. Die Bundeswehr verhalte sich unpathetisch, sagte ein Offizier. Sie habe keine Militärparaden, sondern pflege nur einen kleinen Rest von Traditionen. Der Zapfenstreich bilde den Tagesabschluß und leite die Nachtruhe ein. Weil es dann dunkel sei, erleuchteten die Soldaten mit Fackeln den Platz für das feierliche Abendlied der Trommler und Flötisten.

Struck, selbst nicht gedient und nicht bekannt als Anhänger militärischer Rituale, sagte: "Der Zapfenstreich hat nichts mit den Nazis oder mit der Wehrmacht zu tun, sondern ist eine alte preußische Tradition." Er wird bald aus seinem Amt verabschiedet - mit einem Großen Zapfenstreich.